Sommerinterview Mit Peter Lambertz, Vorsitzender Der Uwt-Fraktion Abschied von der Politik in drei Jahren

Willich · Das Gehen geht gerade nicht mehr so gut. Peter Lambertz, Fraktionsvorsitzender der UWT in Tönisvorst, denkt ans Aufhören. Er, der seit Jahrzehnten in der Kommunalpolitik dieser Stadt mitmischte, will noch bis zum Ende der Legislaturperiode weitermachen.

 Peter Lambertz in seinem Garten in St. Tönis. Der UWT-Mann, der früher die Gärtnerei seiner Eltern übernahm und weiterbetrieb, zieht heute privat nur noch ein paar Tomaten in einem kleinen Gewächshaus.

Peter Lambertz in seinem Garten in St. Tönis. Der UWT-Mann, der früher die Gärtnerei seiner Eltern übernahm und weiterbetrieb, zieht heute privat nur noch ein paar Tomaten in einem kleinen Gewächshaus.

Foto: WOLFGANG KAISER

Lambertz will gut informiert sein, aber kritisiert, dass die Kommunalpolitiker mit Unterlagen regelrecht "zugeschüttet" werden. "Das ist doch nicht mehr normal", zu einem Tagesordnungspunkt einer Ausschusssitzung 100 Seiten-Vorlagen zu erhalten. Früher, als die Vorlagen getippt und fotokopiert wurden, war die Verwaltung "sparsamer". Das papierlose Informationssystem führe zu einer Vorlagenflut. Das sei zuviel und nicht mehr zumutbar. "Wir sind doch alle nur Hobbypolitiker."

Auch Sohn Michael ist Mitglied des Rates. Zurzeit ist er Vorsitzender der Unabhängigen Wähler. Wird er seinen Vater beim Fraktionsvorsitz "beerben"? Peter Lambertz hätte "nichts dagegen", wenn sein Sohn für den Fraktionsvorsitz kandidiere. Er sei in St. Tönis bekannt, vom Alter her stimme es, aber angeblich sei es in der Familie noch kein Thema. Der Ortsverein der Unabhängigen sieht mit Sorge nach der Landtags- auf die Bundestagswahl. Die Unabhängigen seien ja wirklich unabhängig, weil sie nur vor Ort aktiv seien und nicht auf Kreis- und Landesebene angewiesen seien. Die traditionellen UWT-Wähler müssten sich aber bei den großen Wahlen umorientieren. Wen wählt die UWT-Klientel, und kommt sie zur UWT zurück?

Dass sein Sohn Michael mit der CDU-Ratsfrau und Fraktionsgeschäftsführerin Anja Lambertz-Müller verheiratet sei, sieht er als unproblematisch an. Die UWT lasse sich von der CDU nicht vereinnahmen. Auch beim Ehepaar Helge und Elisabeth Schwarz gebe es ein rot-grünes Miteinander ohne Probleme. Auf jeden Fall steht Peter Lambertz für ein eigenes Profil. Den Schneid lässt er sich von den großen Fraktionen so schnell nicht abkaufen. Für Tönisvorst in 20 Jahren entwickelt er ganz eigene Visionen. St. Tönis müsse den Mut aufbringen, sich vom Dorf mehr zur Stadt zu entwickeln. Da Neubaugebiete im Außenbereich erschöpft sind, müsse die innerstädtische Bebauung auf den Prüfstand. Die Traufhöhe an der Hochstraße, an die sich Neubauten zu halten hätten, entstanden vor 150 Jahren. Wenn Bauland immer teurer werde, müsse man eben in die Höhe bauen.

Natürlich wünscht sich Lambertz auch ein neues Rathaus. Der Brandschutz, die energetische Bilanz und die Arbeitsbedingungen seien so schlecht, dass am Verwaltungssitz dringend etwas getan werden müsse. Lambertz ist der erste Kommunalpolitiker in Tönisvorst, der öffentlich die Auslagerung der Bauordnung in den Kreis kritisiert. Es wäre schön, wenn Bauaufsicht und Planung wieder zusammen vor Ort wären. Bei ihm kämen viele Klagen von Bürgern dazu an. Er hat auch den Eindruck, dass ehemalige Tönisvorster Mitarbeiter beim Kreis ihren alten Kollegen zeigten, wo der Hammer hänge. Die Absage vom Kreis für die Pläne Parkplatz am Wasserturm hat ihn geärgert.

Ärgerlich findet er aber auch, dass im eigenen Rathaus in Tönisvorst seit fünf Jahren der UWT-Antrag nach alternativen Wohnformen nicht bearbeitet worden sei. Natürlich wisse er, dass in der Verwaltung viele Kräfte durch die Herausforderungen in der Flüchtlingsthematik gebunden seien. Baupolitisch tue sich in Tönisvorst zu wenig. Die AWG habe einen Bedarf an seniorengerechten Wohnungen angemeldet, die UWT hätte empfohlen, sogenannte Schrottimmobilien zu kaufen und zu sanieren. Wenn diese dann nicht mehr für Flüchtlinge gebraucht werden, könnten sie als preiswerte Sozialwohnungen angeboten werden. Bei der Leipziger Straße, einem Projekt der GWG Kreis Viersen, tue sich viel zu lange nichts mehr. In der Flüchtlingsfrage laufe die Stadt dem Bedarf hinterher. Da im Außenbezirk Bauland günstiger sei, kann sich Lambertz sogar kleine Siedlungen für Flüchtlinge vorstellen, bei denen Flächen für Kleintierhaltung und Gemüseanbau angeboten werden. Da habe sich nach dem Krieg bei den Vertriebenen auch bewährt. Aber Vorratskauf von Ländereien gebe es in Tönisvorst nicht mehr.

(RP)
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