Stadt Willich 3D-Kunst mit dem Skalpell gezeichnet

Stadt Willich · Die Düsseldorfer Künstlerin Zipora Rafaelov liebt das Spiel von Licht und Schatten, das aus zweidimensionalen Werken dreidimensionale Effekte zaubert. Charakteristisch für ihre Kunst sind Scherenschnitte, mit dem Skalpell erstellt.

 Zipora Rafaelov stellt in Schloss Neersen aus.

Zipora Rafaelov stellt in Schloss Neersen aus.

Foto: Siegfried Wensierski

Sie sieht sich nicht als Malerin, auch nicht als traditionelle Zeichnerin. Bei Zipora Rafaelov muss es raumgreifend und haptisch sein. Die in Israel aufgewachsene Künstlerin, die im November 1980 zum Kunststudium in Düsseldorf nach Deutschland kam und blieb, hat schon während ihres Abendstudiums in Israel die Bildhauerklasse besucht. Trotzdem agiert sie am liebsten in der Fläche, mit dem Skalpell entstehen filigrane Scherenschnitte, anfangs sogar mit der Säge aus Holz geschnitten. Die Künstlerin setzt voll und ganz auf die Wirkung von Licht und Schatten, die Farbe bleibt immer eine Ausnahme. So finden sich in ihren Ausstellungen zumeist Werke in Weiß, manchmal im Kontrast mit Schwarz.

Schon in ihrer Kindheit lernte sie im Theater Schattenspiele kennen. Im Kindergarten gab es einen Scherenschnitt-Film von Rotkäppchen und dem Wolf. Das Märchen interessierte sie damals nicht so, aber die Faszination für die Schatten, die vom Licht dahinter erzeugt werden, war geboren. Als es in der 50er Jahren öfters zu Stromausfällen kam, hat ihr Vater mit den Händen Schattenspiele hinter der Öllampe für die Kinder gemacht. Das sind schöne Anekdoten, aber vielleicht ist das helle Licht der heißen Sommer und der Schutz vor der Hitze im Schatten in ihrer Heimat viel entscheidender gewesen. Interessant ist übrigens der Unterschied, dass die Schattenseite in Mitteleuropa eher eine negative Bedeutung hat, man im Nahen Ost froh über jeden Schatten ist.

Bei einer Ausstellung ihrer Werke ist das Licht entscheidend. Es gibt weiße Scherenschnitte mit einem kleinen Abstand vor einer weißen Wand. Direkt von vorne betrachtet, verschwimmt das Weiß im Weiß. Doch sobald Licht ins Spiel kommt, werfen die ausgeschnittenen Formen oder Linien einen Schatten - oftmals ist der Schatten oft deutlicher als die Ursprungsform. Es entsteht eine hochkomplexe Frage nach dem eigentlichen Kunstwerk: Ist es der Scherenschnitt, ist es das Schattenspiel an der Wand oder ist es das Ensemble aus Ursache und Wirkung?

In ihren Installationen hat die Künstlerin das Spiel mit verschiedenen Ebenen ausgeweitet. Die Reduktion auf Weiß und Schwarz betreibt sie zwar grundsätzlich, doch folgt sie dabei nicht dem Pfad der Abstraktion. Im Gegenteil: In ihren Scherenschnitten oder Installationen schwelgt sie in einfachen Formen des Alltags. Da purzeln eine Kerze, eine Axt, Stiefel, diverse Früchte, Blumen, ja sogar eine alte Nähmaschine lustig durcheinander. Das dient zwar der Erkennbarkeit, aber die Künstlerin erzählt damit keine Geschichten. Zipora Rafaelov ist nicht wichtig, was sie dazu bewegt hat, sondern sie verlangt vom Betrachter, seine eigene Assoziation hinzuzufügen.

In vielen ihrer Scherenschnitte sind in einem ornamentalen Linienmuster Frauenfiguren versteckt. Wenn sich der Betrachter eingesehen hat, entdeckt er Figuren wie Pin up-Girls. Ja, bestätigt Rafaelov, sie habe sich an den Pin up-Plakaten der 60er Jahre, wie sie damals in jeder Autowerkstatt hingen, orientiert - für sie eine zeitgenössische Form des Verführerischen.

(RP)
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