Kommentar Wie Geht's, Wesel? Zahlen gegen Flüchtlingskritiker

Wesel · Es gibt wahrlich unangenehmere Anlässe für einen Landrat als den Termin dieser Woche, an dem Ansgar Müller die Kriminalitätsbilanz für das Jahr 2017 verlas. Fast ausnahmslos gute Zahlen konnte Müller vermelden, und er tat dies mit einer gewissen Demut, so wie Fußballtrainer auch immer sagen, dass noch lange nichts gewonnen sei und das nächste Spiel eben das schwerste werde. Die Botschaft des Landrats glich der eines früheren deutschen Fußballnationaltorwarts: Weiter, immer weiter.

Egal, welche Deliktsart sich man in dem neuen Zahlenwerk der Polizei anschaut - fast immer wieder sieht man im Balkendiagramm Verläufe, wie sie der Polizeichef am liebsten hat: von links oben geht es nach rechts unten. Zwischendurch mag es Dellen geben, etwa 2015, als mehr Flüchtlinge ins Land kommen. Doch die grobe Richtung ist: weniger Kriminalität. Bei Straßenkriminalität gab es 2009 insgesamt 11.281 Fälle, 2017 nur noch 8743. Gewaltkriminalität: 1342 Fälle in 2009, 852 Fälle nur noch in 2017; Raub: seit 2012 stetig sinkende Zahlen.

Bemerkenswert ist die Entwicklung deshalb, weil uns doch die Rechtspopulisten glauben lassen wollten, dass mit den Flüchtlingen mehr Kriminalität ins Land käme, dass Leben in Deutschland gefährlicher geworden sei. Jetzt sind zwar die meisten Flüchtlinge immer noch hier, aber die Zahlen sinken - die Gesamtkriminalität liegt sogar unter der vor der Flüchtlingskrise. Die Entwicklungslinien sollte man von jetzt an parat haben, wenn man dumpfen Krakeelern begegnet, die alles auf Merkel und die Flüchtlinge schieben.

Zur Wahrheit gehört jedoch auch dies: Auch im Kreis Wesel gab es von Flüchtlingen begangene Verbrechen, die Anlass zur Sorge geben; etwa der Streit unter Flüchtlingen nach einem VHS-Kursus, weil eine Muslima kein Kopftuch trug. Der Streit endete mit einer Messerstecherei. Die Polizei muss auf das Härteste dagegen vorgehen, wenn religiöse Konflikte in unserem Land ausgetragen werden. In Deutschland darf jeder seinen Glauben leben, sofern er sich damit auf dem Boden des Grundgesetzes bewegt. Zur Wahrheit gehört zweitens dies: Prozentual ist der Anteil an kriminellen Ausländern höher als an Deutschen. Auch darauf hatte der Landrat eine Antwort. In der Altersstruktur sind eben die hier lebenden Ausländer, Flüchtlinge inbegriffen, jünger als der Durchschnitt der Bevölkerung. Dass ein 24-jähriger Mann potenziell krimineller ist als eine 80-jährige deutsche Oma, leuchtet ein. Wenn dieser 24-Jährige dann noch eine lange Flucht hinter sich hat, Kriege erlebt hat und dadurch traumatisiert wurde, dann ist sein kriminelles Verhalten zu erklären. Aber: Es ist nicht zu tolerieren.

Probleme benennen, dann handeln - so hat die Polizei in Wesel agiert. Die Strategie bleibt richtig im Kampf gegen Kriminelle.

Bei Facebook lasen wir in dieser Woche zum Thema Zahlen und Fakten einen schönen Satz: Sinngemäß schrieb eine junge Frau: "Nur, weil die Zahlen besser werden, heißt es noch lange nicht, dass es wirklich sicherer wird." Die Antwort des kühlen Rechners muss lauten: Doch, genau so ist es. Es wird sicherer.

IHRE MEINUNG? SCHREIBEN SIE MIR: SEBASTIAN.PETERS@RHEINISCHE-POST.DE

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort