Qualität Leben Eine Serie Von Rp Und Volksbank Rhein-Lippe Wie aus Resten saubere Energie wird

Wesel · Milchwirtschaft und die Produktion von Biogas sind die beiden Standbeine von Landwirt Reinhard Buchmann in Wesel. Im Gespräch mit der RP erzählt Buchmann, wie hoch der bürokratische Aufwand für ihn früher war - und wie er heute ist.

 In NRW gibt es 6812 Milchviehhalter - Reinhard Buchmann (links) ist einer von ihnen. Neben der Milchviehwirtschaft betreibt er auch noch eine Biogasanlage. Ein gutes zweites Standbein, weiß auch Roman Brögeler von der Volksbank.

In NRW gibt es 6812 Milchviehhalter - Reinhard Buchmann (links) ist einer von ihnen. Neben der Milchviehwirtschaft betreibt er auch noch eine Biogasanlage. Ein gutes zweites Standbein, weiß auch Roman Brögeler von der Volksbank.

Foto: Malz

Wesel Der Termin ist gesetzt. An jedem Mittwochvormittag sitzt Reinhard Buchmann, Landwirt aus Wesel, am Schreibtisch. Er dokumentiert, kontrolliert, hält nach und fest. "Jeder Schritt, der auf unserem Hof passiert, wird aufgeschrieben", sagt Buchmannn. Welche Medikamente bekommen seine 165 Kühe plus Nachzucht, welcher Dünger wird wo verarbeitet, stimmt die Qualität der Milch? Früher, so erzählt der Milchbauer, hätte die Büroarbeit rund drei Prozent seiner Tagesarbeit ausgemacht - heute sind es etwa 25 Prozent. Es ist Zeit, in der Buchmann nicht direkt an seinen Tieren arbeitet oder sich mit der Biogasanlage befasst, die er seit 2011 hat - aber eine Wahl hat er nicht.

Der Milchpreis steht schlecht: Bekamen Bauern 2014 noch 75 Cent pro Liter Frischmilch im Karton, waren es 2015 nur noch 64 Cent - fast 15 Prozent weniger ist eine Hausnummer. Das Problem: Milchwirtschaft ist aufwendig. Bis eine Kuh einen Liter Milch gibt, vergehen zwei Jahre, die Produktion kann nicht einfach so rauf- und runtergeregelt werden. "Wenn ich am 1. Weihnachtsfeiertag nicht zum Melken in den Stall komme, weil die Nachfrage nach Milch gerade nicht so hoch ist, kann ich das meinen Tieren nicht erklären", sagt Buchmann. Weil das so ist, gibt es die Biogasanlage. Die und das Milchvieh - das sind die zwei Standbeine, die Buchmann hat, der den Hof mit seiner Frau Manuela, zwei Festangestellten und einer Teilzeitkraft bewirtschaftet. "So ein Betrieb muss sich weiterentwickeln", sagt der Landwirt. Die Kosten steigen an allen Ecken und Enden, und das muss in irgendeiner Form aufgefangen werden - der Verkauf von sauberer Energie ist da eine Möglichkeit. Die Direktvermarktung - Milch vom Hof an den Verbraucher zu verkaufen - kommt für die Buchmanns nicht in Frage. "Hierhin kommt kein Kunde und kauft seinen Liter Milch", sagt Buchmann. Die Milch wird also an Molkereien abgegeben, der Strom geht an RWE. Das Unternehmen verteilt ihn dann weiter.

Täglich wird die Anlage gefüttert mit Gülle, Mist, Futterresten, Zwischenfrüchten, Mais- oder Grassilage. Im so genannten Fermenter vergären die Stoffe bei rund 40 Grad. Das entstandene Methangas wird abgesogen und in einem umgebauten Dieselmotor verbrannt; ein Generator produziert dann den Strom, der 400 bis 600 Haushalte versorgt. Mit der bei dem Prozess entstehenden Abwärme werden Häuser und Gärtnereien beheizt. "Der Wirkungsgrad unserer Anlage liegt bei 80 bis 90 Prozent", erklärt der Landwirt. Auch heute ist er noch mit der fünf Jahre alten Entscheidung für die Biogasanlage zufrieden: "Das ist eine gute Ergänzung für uns." Die Buchmanns nutzen jede Chance, sich der Öffentlichkeit zu präsentieren: Sie waren schon bei der Tour de Flur dabei und haben tausende Menschen über den Hof geschleust. Sie sind offen für Schülergruppen und beantworten alle Fragen von "Warum stinkt es hier so?" bis zu "Kann nur eine Kuh, die schon gekalbt hat, Milch geben?" geduldig. Kinder, aber auch Eltern wüssten oft nicht, was auf so einem Bauernhof passiert. "Was vielen auch nicht klar ist: welcher Aufwand hinter dem Prozess steckt oder welche Qualitätsstandards angelegt werden", ergänzt Roman Brögeler von der Volksbank Rhein-Lippe, der die Buchmanns seit einer ganzen Weile berät. Reinhard und Manuela Buchmann zeigen diesen noch unwissenden Gästen dann bereitwillig den ganzen Hof. Hinterher weiß der Besuch dann, dass in einem Liter Milch eine ganze Menge Arbeit steckt.

(RP)
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