Wesel Weseler Uhu-Waisen fliegen jetzt frei

Wesel · Die Greifvogelstation Wesel hat zwei Uhus aufgepäppelt, die nun ihr Leben allein meistern müssen. Die Waisen waren auf der Dinslakener Halde gefunden worden. Naturschutzbund fordert Nachtabschaltung für dort geplante Windräder.

 Kampf- und abwehrbereit gibt sich der junge Vogel am Boden.

Kampf- und abwehrbereit gibt sich der junge Vogel am Boden.

Foto: Jana Bauch

Karl-Heinz Peschen und Peter Malzbender sind Experten für Greifvögel und Eulen. Wenn sie aber einen Uhu freilassen können, ist das auch für sie ein besonderer Moment. Erst recht, wenn es um zwei dieser mächtigen Nachtjäger geht. Spannweiten von 1,60 bis 1,70 Meter sprechen für sich. Mit solch gewaltigen Flügeln hob jetzt ein Geschwisterpärchen ab in die Freiheit. Mit Genehmigung des Waldbesitzers hatten Peschen und Malzbender ein abgelegenes Gebiet im Großraum Wesel für die Aktion ausgeguckt.

Ob die beiden Tiere dort bleiben werden, kann niemand sagen. Sie suchen sich selbst ihr Revier. An Nahrung dürfte es nicht mangeln. 2017 gilt schon jetzt als gutes Jahr für Nager, was die Überlebenschancen der Uhus beträchtlich steigert. Und fit genug sind sie auch, was sie beim Auflassen in einer Lichtung unter Beweis stellten. Dabei sah es im vergangenen Jahr nicht gut aus für die beiden. Die zwei Jungvögel hatten noch ihr Dunengefieder, waren also noch nicht flugfähig, als sie in der Greifvogelstation auf dem Gelände der Schill-Kaserne in Blumenkamp unter die Fittiche von Leiter Karl-Heinz Peschen und seinem Team kamen. Auf der Halde Lohberg in Dinslaken waren sie gefunden worden. Offensichtlich als Waisen. Einer war obendrein schwer verletzt, hatte sich bei Befreiungsversuchen aus netzartigem Plastikmüll das Bein gebrochen (RP berichtete). Die Rettung kam rechtzeitig, die Operation des Beins gelang und auch die Aufzucht. Nun sind die beiden Uhus ein gutes Jahr alt und gelten als ausgewachsen. Mit Glück können sie 40 Jahre alt werden. Mit noch mehr Glück auch deutlich älter.

 Karl-Heinz Peschen (vorn) und Peter Malzbender lassen einen der beiden auf der Greifvogelstation aufgezogenen Uhus in die freie Natur starten.

Karl-Heinz Peschen (vorn) und Peter Malzbender lassen einen der beiden auf der Greifvogelstation aufgezogenen Uhus in die freie Natur starten.

Foto: Jana Bauch

Dass ausgerechnet am Fundort der hilflosen Uhus nun Windräder gebaut werden sollen, macht Peter Malzbender, Vorsitzender des Kreisgruppe Wesel des Naturschutzbundes (Nabu), unruhig. Ein Gutachter hatte zwar keine Hinweise auf brütende Uhus an besagtem Standort finden können, doch die Jungvögel sind zweifellos dort gewesen. Und laut Malzbender läuft kein Uhu einen Kilometer zu Fuß dorthin.

Der Nabu wird jetzt einen Antrag an die Untere Landschaftsbehörde beim Kreis Wesel richten, um eine Nachtabschaltung der geplanten Windräder zu erwirken. Zum befürchteten Konflikt hatte sich der Nabu-Chef schon im vergangenen Jahr dahingehend geäußert, dass allein 2015 in Deutschland 16 Uhus durch Windräder getötet worden seien. Und es sei eine Mär, dass Eulen nur tief fliegen. Das gelte für die Jagd.

Wie froh Naturschützer über wachsende Populationen sind, verdeutlichen Zahlen. "Es ist erst das fünfte Mal, dass wir hier Uhus aussetzen können", sagt Peschen. Malzbender berichtet, dass es in den 60er Jahren gerade mal noch 60 Brutpaare in Deutschland gab: "Heute sind es mehr als 1000." Im Kreis Wesel sind derzeit sechs Paare aktiv. In ähnlicher Größenordnung bewegt sich der Bestand im Kreis Kleve. Insgesamt, so Malzbender, könne es am Niederrhein wohl 20 Paare geben, von denen aber alle für Nachwuchs sorgen würden. Er legt Wert auf die Feststellung, dass nicht der Naturschutz sie auswildere, sondern dass Uhus sich ihre Lebensräume selber suchen. Sie richten sich dabei nach dem Nahrungsangebot. Da kann ein junger Fuchs schon mal schlechte Karten haben. Auch ein Dackel sollte nachts nicht allein in den Wald gelassen werden, sagt Malzbender.

(RP)
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