Wesel Weseler Tafel funkt SOS

Wesel · Immer mehr Bedürftige bei weniger Lebensmittelspenden: Weseler Tafel macht sich große Sorgen um die Zukunft. Heute wird der Vorstand Bürgermeisterin Westkamp um Hilfe bitten: "Sie ist unser letzter Rettungsanker." Noch vor gut drei Monaten herrschte beim Verein Weseler Tafel, der in seinem Laden am Mühlenweg Lebensmittelspenden an sozial Schwache verteilt, eitel Sonnenschein. "Die Bedürftigen haben sich fast einen Bruch gehoben, so viel konnten wir verteilen", sagt Tafel-Vorsitzender Horst Maiß und lächelt gequält. Der Mann hat Sorgen.

 In einigen Lebensmitteln ist Alkohol versteckt. Eltern müssen beim Einkauf genauestens hinsehen.

In einigen Lebensmitteln ist Alkohol versteckt. Eltern müssen beim Einkauf genauestens hinsehen.

Foto: rpo/Christoph Schroeter

Große Sorgen sogar. Denn die Situation bei der Tafel hat sich innerhalb weniger Wochen schlagartig geändert. Die elf Supermärkte und Bäckereien in Wesel und Hamminkeln stellen weniger Ware zur Verfügung, weil sie genauer kalkulieren, so dass weniger über bleibt. Gleichzeitig strömen mehr Hartz IV-Empfänger in den Tafelladen. Aktuell sind 248 bedürftige Familien (578 Personen) registriert, 34 (50) mehr als noch vor fünf Wochen.

Konkurrenz in Hamminkeln

Heute Nachmittag hat Horst Maiß einen Termin bei Bürgermeisterin Ulrike Westkamp, um sie über die Situation bei der Tafel zu informieren. "Sie ist unser letzter Rettungsanker", setzt Maiß große Hoffnungen in das Gespräch, in dem er auch "an das Ehrgefühl der Weseler Lebensmittelhändler" appellieren will, "Ware uns doch zu geben, statt sie wegzuwerfen." Ein ähnliches Zusammentreffen vor etwas mehr als einem Jahr schon einmal. Auch damals ging's der Tafel nicht gut. Westkamp sagte seinerzeit ihre Hilfe zu. "Sie wollte über ihre Dezernenten alle Supermärkte in Wesel anschreiben lassen", erinnert sich Maiß. "Leider hat sich überhaupt nichts getan." Nur durch Eigeninitiative habe man damals neue Geschäfte gefunden, die dem Verein abgelaufene Ware zur Verfügung stellen.

Am Samstag eröffnet in Hamminkeln mit dem "Schlaraffenland — Hunger muss nicht sein" bereits die zweite Organisation, die neben der "Hamminkelner Tafel" sozial Schwachen unter die Arme greifen will. Während Privatmann Maiß die Leute vom "Schlaraffenland" als Berater unterstützt, sehen die Weseler Tafel-Mitglieder den neuen Verein als direkte Konkurrenz. "Aus alter Verbundenheit wollen uns Aldi und die Bäckerei Winkelmann in Hamminkeln weiter beliefern", sagt Maiß. "Die anderen Supermärkte haben wir doch schon vorher an die Hamminkelner Tafel verloren. Deshalb sehe ich die Eröffnung des Schlaraffenlandes ganz locker."

Warenausgabe nur noch 14-tägig?

Sollte die Zahl der Warenspenden nicht wieder zunehmen, so wird das zweifelsohne Konsequenzen haben. "Da wir ja kein Aufnahmestopps verhängen können, werden wir jede Familie nicht mehr wöchentlich, sondern nur alle 14 Tage mit Ware versorgen können", befürchtet Maiß. "Wir können nicht noch kleinere Portionen machen."

(RP)
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