Wesel Wesel plant bienenfreundliche Wiesen

Wesel · Als Reaktion auf den Insektenschwund hat die Kreisstadt Flächen definiert, auf denen Wildblumen wachsen sollen. Heute diskutiert die Weseler Politik im Grundstücksausschuss ab 16.30 Uhr über Maßnahmen gegen den Trend.

Naturschützer schlagen Alarm: Auch im Kreis Wesel ist das Bienensterben dramatisch. Bis zu 20 Prozent der Bienenvölker gingen verloren, mahnte zuletzt der Kreisimkerverband. Die Stadt Wesel will nun gegensteuern, wie sie in einer Vorlage für die Politik mitteilt, die auf Antrag der CDU Wesel entstanden ist. Die Christdemokraten hatten vorgeschlagen, städtische Flächen für die Anlage von Blühwiesen oder blühende Randstreifen freizugeben.

Die Stadt will jetzt Blumenwiesen an folgenden Stellen vorbereiten: einer Fläche am Aaper Weg, an der alten Kläranlage Büderich/Hagelkreuzweg, auf einer Fläche in der Aue, im Lippe-Mündungsraum und an diversen Wegrändern.

In Wesel laufen derzeit an mehreren Stellen Versuche, Wildblumenwiesen anzubieten: auf einer 390 Quadratmeter großen Fläche am Aaper Weg unweit des Evangelischen Krankenhauses, auf 900 Quadratmetern an der Tankstelle Büderich/Bäckerei Dams und auf einer 318 Quadratmeter großen Fläche an der Ackerstraße in der Feldmark. Nachdem dort letztes und vorletztes Jahr Wildblumen gesät wurden, will der städtische Betrieb ASG (Abfall, Straßen, Grünflächen) bald Bilanz ziehen und im April im Betriebsausschuss berichten. Die Stadt weist in einer Vorlage für den Grundstücksausschuss darauf hin, dass statt Wildblumen auch Disteln und Brennnesseln attraktiv für Insekten wären. Eine solche Variante wäre weniger ansehnlich, würde aber den gleichen Zweck erfüllen. Dauerhafte Biotope würden solche Einzelprojekte nicht darstellen können, da jährlich wiederkehrend gemäht und gefräst werden muss, heißt es. Der ASG rechnet mit Kosten von 1,50 Euro pro Quadratmeter Boden für die Saat, darüber hinaus mit 45 Cent pro Quadratmeter und Jahr für Mahd und Grünschnittentsorgung. Nachdem der ASG Bilanz gezogen hat, sollen weitere Wiesen ins Visier genommen werden.

Es gibt aber schon jetzt Erkenntnisse, die schnellen Optimismus schwinden lassen. Die einjährigen Saatmischungen blühen bei Aussaat im April schon nach acht bis zehn Wochen, bis zum Frost hält die Blüte an. Bereits im zweiten Standjahr sei dann aber ine deutliche Verringerung der Blumen-Artenvielfalt festzustellen, was zulasten der Blühvielfalt und des schmucken Aussehens gehe. Eine jährliche Neuaussaat sei unumgänglich.

Die Stadt macht in ihrer Vorlage auf weitere Problematiken aufmerksam: Die nährstoffreichen Äcker des Niederrheins seien oft kaum geeignet, Wildblumenwiesen anzulegen. Wildblumen bevorzugten magere, karge Böden. Die Stadt sei also gezwungen, bestimmte Flächen auszumagern. Das erfordere aktives Handeln der Stadt, also Kosten. Von außen dürften keine Nährstoffe eingebracht werden und die Fläche müsse über Jahre gemäht und das Gras abgefahren werden. "Beschleunigen kann man diesen Vorgang aber auch aktiv, in dem man durch das Abtragen der oberen Bodenschichten und dem Einbringen von Sanden die Voraussetzungen für die Pflanzen verbessert", erklärt die Verwaltung. Durch die Verwendung regionalen Saatgutes und das Einbringen von blühenden Stauden könne man die Entwicklung beschleunigen. "Grundsätzlich kann man sagen, je besser der Boden den Ansprüchen der in diesem Fall gewünschten Pflanzen gerecht wird, umso schlechter eignet sich der Boden für eine landwirtschaftliche Nutzung. Dies wiederum hat Auswirkungen auf den erzielbaren Ertrag und damit auch auf die Pachthöhe." Eine Gefahr für nachtaktive Insekten seien auch Lichtquellen. Die Kleintiere verbrennen daran. Auf künstliche Lichtquellen in der Natur soll deshalb möglichst verzichtet werden. Option Acker Die Stadt schlägt vor, die Wiesen fachlich versiert, etwa durch Beteiligung von Umweltorganisationen, pflegen zu lassen. Sie verweist darauf, dass in Kooperation mit der Bio-Station bereits 2016 seitens des ASG eine Mahdgutübertragung auf einer Fläche in Bislich vorgenommen wurde.

Eine weitere Option sind blühende Ackerstreifen. Hier weist die Verwaltung darauf hin, dass einige Landwirte vor einigen Jahren dank entsprechender Förderprogramme von der Option Gebrauch gemacht hatten. "Dies ist inzwischen jedoch wieder rückläufig, könnte aber nach Prüfung von Fördermöglichkeiten mit Zustimmung der Pächter wieder aktiviert werden." Voraussetzung sei, dass die Flächen aus der Bewirtschaftung herausgenommen werden und auf Düngung sowie den Einsatz von Herbiziden und Pflanzenschutzmittel verzichtet wird, so dass sich Ackerwildkräuter entwickeln können.

(RP)
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