Wesel Wertminderung für Bahn ein Fremdwort

Wesel · Betuwe-Erörterung, Teil II: Wieder haken Betroffene intensiv nach, wieder gibt's keine befriedigenden Antworten.

 Anwohner Norbert Ackermann (l.) und Initiativen-Sprecher Gert Bork waren wieder einmal enttäuscht vom Verhalten der Bahn.

Anwohner Norbert Ackermann (l.) und Initiativen-Sprecher Gert Bork waren wieder einmal enttäuscht vom Verhalten der Bahn.

Foto: Jana Bauch

In der Niederrheinhalle ging es gestern so weiter, wie Teil I der Erörterung zum Bahnausbau (Stichwort Betuwe) auf Weseler Stadtgebiet am Abend des 15. Dezember unterbrochen worden war: mit gegenseiteigen Zermürbungsversuchen. Die Betroffenen des Milliarden-Vorhabens fragten intensiv nach, die Vertreter der Bahn ließen es stoisch an sich abprallen. Übereinstimmend schilderten Teilnehmer, dass sie keine befriedigenden Antworten bekamen. Bekanntlich sind beim Erörterungstermin des Planfeststellungsverfahrens nur diejenigen zugelassen, die Einwendungen erhoben haben und betroffen sind. Insgesamt etwa 50 stellten sich ein. Mit dabei waren unter anderem Klaus Schütz als Vertreter der Bürgermeisterin und Feuerwehrchef Thomas Verbeet. Etliche Privatleute sind schon entschlossen, anschließend den Klageweg zu beschreiten. Denn es geht um viel.

Mit dem Thema Grundstücke ging es gestern in die zweite Runde. Teilweise müssen Anrainer Flächen abgeben. Dass sich die Bahn hier nur am Bodenrichtwert orientieren will, sorgt für Unmut. Denn damit verzahnt ist die Frage nach einer Wertminderung der Immobilien und nach Entschädigungen. Mal geht es um ein paar Quadratmeter Garten, mal um erhebliche Anteile von Betriebsflächen und um Arbeitsplätze. Arnd Lomeier (Gärtnerei Terlinden) beispielsweise soll ein Drittel seiner Flächen sowie die Zuwegung verlieren. Dass die Bahn hier bereit ist, die Frage nach der Existenzgefährdung durch ein Gutachten klären zu lassen, galt unter Beobachtern schon als bemerkenswertes Zugeständnis. Denn im Wesentlichen hieß es, dass befürchtete Wertminderungen nicht entschädigungswirksam seien.

Lärmschutzfenster gibt es aber nur für Schlaf- und Wohnbereiche. Das kann zu einem optischen Sammelsurium führen, was sich bei einem Verkauf des Gebäudes oder bei dessen Beleihung negativ auswirken kann, sagte Anwohner Norbert Ackermann. Gert Bork, Sprecher der Bürgerinitiativen entlang der Betuwe-Linie, berichtete aus dem Saal, dass der Zusammenbruch eines Hauses, etwa durch Erschütterungen, als "privates Problem" bezeichnet worden sei.

Vor dem Hintergrund des jüngst als Durchbruch gefeierten Kompromisses für mehr Sicherheit barg der Nachmittag mit diesem Thema Brisanz. Auf die Frage, warum die Bahn - im Gegensatz zum Lkw - unterschiedliche Gefahrgüter gleichzeitig transportieren dürfe, sagte Projektleiter Stefan Ventzke, man sei für die Organisation des Bahnbetriebsablaufs nicht zuständig. Zur Forderung nach Hinweisschildern mit Verhaltensregeln bei Gefahrgutunfällen auf Bahnsteigen hieß es, das sei allgemeines Lebensrisiko.

Im weiteren Verlauf forderten Betroffene Einsicht in die Ausführungsplanung. Wann wo was gebaut wird, ist ihnen ebenso wichtig wie Fragen nach der Verkehrsführung sowie Baustraßen, zu erwartenden Belästigungen durch Dreck, zur Beweissicherung, Pestiziden im Schotter, Sicht- und Staubschutzplanen und Wiederherstellung der Gärten.

Gegen 17 Uhr war die komplette Erörterungsfortsetzung diesmal gelaufen. Die vorsorglich bis einschließlich morgen vorgesehenen Termine sind hinfällig. Die federführende Bezirksregierung hatte ordentlich aufs Tempo gedrückt. Ums Ganze geht es, wenn der Planfeststellungsbeschluss kommt, gegen dessen Details dann geklagt werden kann. Das darf jetzt auch die Bürgerinitiative, denn sie ist ganz frisch als Umweltverband anerkannt worden. Übrigens kann eine neue Offenlage des Sicherheitspakets folgen, weil die jüngsten Änderungen etliche Anlieger betreffen.

(RP)
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