Hamminkeln Wenn der Cellist wie AC/DC rockt -

Hamminkeln · Mozart Heroes zeigen in Marienthal, wie Cello und Gitarre zusammen funktionieren.

 Schnell, rockig, faszinierend: Die Mozart Heroes in Aktion.

Schnell, rockig, faszinierend: Die Mozart Heroes in Aktion.

Foto: Johann Ridder

So eine Presseinfo muss schon mal wortmächtig aus dem Allerlei herausragen, um wahrgenommen zu werden: "Mozart hätte vor lauter Headbanging seine Perücke verloren." Klingt ganz schön dicke aufgetragen. Und stimmt doch schon nach den ersten Live-Klängen. Brachial, mit gewaltigem Tempo und hartrockigen Rhythmen geht es los im Marienthaler Kulturzelt, dass die Plane wackelt. Geschrieben steht der Satz vom Perücke schüttelnden Großkomponisten in einer Selbstvorstellung der "Mozart Heroes" mit Cellist Chris und Phil an diversen Gitarren und Loop-Maschine. Sie rockten das Publikum - viele davon 50 plus - so heftig, dass exzessiv mitgeklatscht und -gesungen wurden. Man konnte schnell fühlen, dass Zugaben fällig würden.

Das Duo aus der Schweiz, seit 20 Jahren seit dem Studium an der Musikhochschule Luzern miteinander bekannt und seit zwei Jahren außergewöhnliche Live-Combo, tourt mit seinem Programm "...von Mozart bis AC/DC" auch durch Deutschland - jetzt rockte es die Marienthaler Sommerabende. Die Schweizer bieten eine einzigartige Klangmischung von akustischer und Rock- und Popgitarre und Violoncello - wobei einzigartig meint, dass die Nachnamenlosen eine Form gefunden haben, wie Cello und Gitarre zusammen gut und knackig funktionieren. Das ist ja nicht von Natur aus so und schafft in der Kombination sowie im überraschenden Repertoire den gewünschten Aha-Effekt. Beide können auch sanft und leise - wie bei der spanischen, klassischen Gitarrenkomposition "La Catedral" oder bei der Solo-Cello-Suite Nr. 1 in G-Dur von Johann Sebastian Bach. Die feinen Melodien sind vor allem kleine Atempausen im Hochgeschwindigkeitskonzert und Übergänge zu Rockriffs der harten Art.

Die lyrischen Momente münden gerne in rasanten Klängen des breitbeinig auf der kleinen Marienthaler Bühne rockenden Gitarristen und in wilde, sichtbar schweißtreibende Cello-Soli. Kann schon sein, dass Mozart vor lauter Headbanging seine Perücke verloren hätte. Vor allem aber ist das Zusammenspiel gut und wirkungsvoll inszeniert. Die beiden Akteure treten als cooler, lederjackenbekleideter Rocker und schlipsbehangener, gediegen "klassischer" Cellist im schwarzen Anzug auf. Die Pose passt und kommt an, wenn Chris das Cello lyrisch singen lässt, kurz bevor Phils Saiten-Beben eingreift. Der kann auch Jazz und klassische Gitarre. Der eine sitzt oft brav, der andere springt herum.

Aber es geht ja um Musik. Die "Mozart Heroes" fügen dem herrschenden Crossover von Klassik, Pop und Rock eine kontrastreiche Facette hinzu. Viel setzt auf Wiedererkennungswert, aber vor allem auf klangvolle Brüche zwischen Altem und Neuem. Wie in schneller Folge AC/DC, REM, Lenny Kravitz, Filmmusiken vom James-Bond-Medley bis zu Hans Zimmer, Mozart, Bach und Manuel Barrios verschmolzen werden, ist gekonnt arrangiert und kümmert sich wenig um Konventionen. Anders ausgedrückt: Die "Mozart Heroes" haben ihr Alleinstellungsmerkmal gefunden und live grandios verfeinert.

Beim nächsten Sommerabend in Marienthal am 26. Juli, 20 Uhr, spielt "Cafe del Mundo".

(RP)
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