Wesel Wehr hat von Bahn "die Schnauze voll"

Wesel · Betuwe-Sicherheitskonzept der Fachleute wird von Behörden weiter ignoriert.

 Gefahrgut rollt mitten durch die Siedlungen. So sieht es aus, wenn ein brennender Kesselwagen gekühlt werden muss. Gelingt das nicht, gibt es eine Explosion.

Gefahrgut rollt mitten durch die Siedlungen. So sieht es aus, wenn ein brennender Kesselwagen gekühlt werden muss. Gelingt das nicht, gibt es eine Explosion.

Foto: FW

Nach dem lauten Aufschrei aller Feuerwehren von Oberhausen bis Emmerich (RP berichtete) ging die Weseler Wehr in Sachen Sicherheit an der Betuwe gestern in die örtliche Tiefe. "Wir haben unsere Arbeit gemacht und jetzt die Schnauze voll." Ungewohnt deutlich machte Wehrchef Thomas Verbeet mit seinem Stellvertreter Christoph Hegering der Enttäuschung und Frustration über die ablehnende Haltung der Bahn, des Eisenbahnbundesamtes und des Bundesverkehrsministeriums Luft.

Denn es bewegt sich keiner. Bekanntlich haben die Wehren über Jahre an einem umfangreichen Konzept gearbeitet, wie Rettungswege, Zugänge und Löschwasserbrunnen im Zuge des Streckenausbaus gestaltet werden müssen. Die Strecke wurde Meter für Meter untersucht, jede Eventualität einbezogen. Das Ganze füllt dicke Ordner in Mengen und ist auf meterlangen Plänen abzulesen, zudem mit zig Fotos dokumentiert. Die verantwortlichen Behörden, so Verbeet, sagten zwar immer, dass man mit den Wehren im Gespräch sei. De facto werde aber nur wiederholt, dass man den Mindestanforderungen der Fachleute aus der Rettungsbranche nicht nachkommen werde.

Beispiele gibt es reichlich: Von den Kanonenbergen bis nach Voerde hält die Wehr 96 Zugänge (z.B. Türen in den Lärmschutzwänden) für nötig, die Bahn will mit sechs bis acht auskommen. Dabei wird laut Verbeet nicht berücksichtigt, wie lang Schläuche sind oder es dauert, sie zu verbinden. Ganz zu schweigen von den Strecken, die Retter in voller Montur mehrfach zu Fuß zurückzulegen haben, wenn die Türabstände bei 1000 Meter liegen. Kurz: Was die Bahn-Behörden für ausreichend halten, ist menschlich nicht zu schaffen. Technisch ist es ähnlich: 6000 Liter Wasser pro Minute sind nötig, um einen brennenden Kesselwagen zu kühlen und an der Explosion zu hindern. Das macht - natürlich in der Nähe - drei Brunnen mit einer Förderkapazität von 2000 Liter erforderlich.

Beim Milliardenprojekt des Ausbaus fallen 40 Millionen Euro für die Forderungen der Wehren nicht ins Gewicht. Sie bauen darauf, dass die örtlichen Bundespolitiker, die sich sehr einsetzten, die Blockadehaltung aufbrechen können. Verbeet ist sicher, dass die Bahn nur keinen Präzedenzfall schaffen will. Die Folgen aber seien lebensgefährlich.

(RP)
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