Wesel Von den Facetten des Abschieds

Wesel · Mehr als 400 Zuhörer kamen zur Lesung von Christine Westermann im Lutherhaus. Die Moderatorin erzählte aus ihrem Leben und las aus ihrem Buch.

 Gefühlvoller Tiefgang und und auflockernde Späßchen - Christine Westermann gelang dieser Balanceakt. Das zeigte der Schlussbeifall im Lutherhaus.

Gefühlvoller Tiefgang und und auflockernde Späßchen - Christine Westermann gelang dieser Balanceakt. Das zeigte der Schlussbeifall im Lutherhaus.

Foto: Anne Orthen

Abschied. Ein Wort, in dem Trauer oder Schmerz mitschwingen. Ein Begriff, bei dem viele an belastende Ereignisse denken. Schwierig für einen Buchtitel, der auf höchste Plätze in der Bestsellerliste programmiert ist. Bei der Lesung von Christine Westermann im Lutherhaus erfuhr man, wie das so geht mit einer passenden Überschrift. Nachdem unter anderem "Die Kunst des Abschieds" verworfen war, weil "die Kunst" schon für alles und jedes verbraucht ist, geschah es beim Käsebrötchen zum Schlusslektorats-Treffen. Später geht's nicht. Das Stichwort "federleicht" fiel. "Manchmal ist es federleicht" heißt nun ihr neues Buch. Sie sei sehr froh darüber, sagte die Autorin und Moderatorin. Über 400 Gäste, in der Mehrzahl Frauen, stimmten ihr zu und verfolgten gespannt und absolut wohlwollend, wie Westermann die Facetten des Themas Abschied aufblätterte.

Sie tat es charmant, in ihrem bekannten, geübten Moderatorinnen-Tonfall, fast schon betulich und gerne mit selbstironischen Einsprengseln und witzigen Wortkonstruktionen. Aus einer Stunde Lesung, halb aus dem Buch, halb aus Westermanns Leben, wurden knapp eineinhalb, und die geriet kein bisschen zäh. Das heißt schon was über eine solche zeitliche Strecke. Da machte es auch nichts, dass sich die Moderation kurz vor dem Schlusskapitel verplauderte und nach dem Anschluss suchen musste. Ihre Fans verziehen der Moderatorin gerne. Denn sie hatte zuvor mit einem steten Wechsel aus gefühlvollem Tiefgang und leicht erzählten Abschieden eine ausbalancierte, unterhaltsame Mischung komponiert. Natürlich gehörte die beendete Karriere als "Zimmer frei"-Gastgeberin dazu. Das wurde einfach erwartet. Der große Schlussbeifall zeigte, dass das Rezept wirkte.

Schluss. Aus. Ende. Vorbei. Christine Westermann berichtete augenzwinkernd von Tränen, die sie vor dem Fernseher vergoss, als Bastian Schweinsteiger bei seinem letzten Spiel im Nationalteam in Mönchengladbach in Großaufnahme gegen seine Tränen ankämpfte, die dann doch flossen. Sie wechselte rührend zu ihrer an Krebs gestorbenen Freundin Anne, deren Foto nach ihrem Tod am gewohnten Platz am feierlichen Essenstisch stand. Auch dem Tod des Vaters, als sie gerade 13 Jahre alt war, gedenkt sie entwaffnend offen und manchmal bis an die private Grenze, an der man ihr zurufen möchte: "Vorsicht, gehe nicht zu weit." Persönlich und authentisch zu sein ohne peinliche Nabelschau ist Christine Westermanns Stärke. Und als auflockernden Gegenpol kokettiert sie mit ihren Schwächen in Technik und Haushalt. Das sorgt für garantierte Lacher.

Als gestandene Medienfrau, die als Journalistin im Rentenalter immer weiter arbeitet und sich im "Literarischen Quartett" - nächste Sendung: 2. März - einen Namen gemacht hat, weiß sie, dass sie erzählen muss, wie sie die letzte Sendung von "Zimmer frei" vor gut einem Jahr erlebt hat. Ein letztes Mal und nach 20 Jahren der Serie suchten die Gastgeber Christine Westermann und Götz Alsmann prominente Mitbewohner für ihre Fernseh-WG. "Manchmal ist es federleicht" passt da nicht wirklich. Man merkt, die Wunde des Abschieds aus der prominenten Präsenz verheilte nach Selbstzweifeln länger.

Egal ob berufliche oder private Abschiede, größere und kleinere, einfache und ganz schwere: Christine Westermann bescheinigte sich in der Summe ein "Talent zum Abschiednehmen". "Ich kann loslassen", sagte sie, und das kam rüber wie ein Stück Lebenshilfe gratis.

r(h)ein-kultur-welt mit den vier Standbeinen Kunst, Bühne, Literatur, Musik macht eine Nummer kleiner, aber hochspannend weiter. Der Düsseldorfer Horst Eckert kommt zur Politi-Krimi-Lesung aus "Der Preis des Todes" am Sonntag, 18. März, ins Scala, Wilhelmstraße 8. Beginn ist um 18 Uhr.

(RP)
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