Fritz.schubert Unsere Woche Vom Teilen und vom Mitteilen

Wesel · Das Schöne an der deutschen Sprache ist ihre Klarheit. Die hängt oft von Winzigkeiten ab. Etwa von einem Buchstaben. So ist ein Hafenkonzert etwas vollkommen anderes als ein Harfenkonzert.

Fritz.schubert: Unsere Woche Vom Teilen und vom Mitteilen
Foto: Malz, Ekkehart (ema)

In beiden Fällen ist zwar die Aufführung von Musik zu erwarten, doch ein r macht den entscheidenden Unterschied. Anders sieht das aus, wenn ein seit Urzeiten genbräuchlicher Begriff plötzlich eine zweite Bedeutung bekommt, weil sich aus dem Englischen heraus scheinbar keine bessere Übersetzung anbietet. So hat das Teilen für jüngere Generationen heute mehr mit dem Mitteilen von mehr oder minder wichtigen Nachrichten in den sogenannten sozialen Netzwerken zu tun als mit dem tatsächlichen Teilen. Dem Teilen von Gütern, dem Abgeben, dem Schenken.

Moses teilte das Meer, die Mauer teilte Berlin, der Konditor teilt die Torte. Trotz der verschiedenen Zusammenhänge haben alle Aussagen eins gemein: Aus einem Ganzen werden zwei oder mehr Teile beziehungsweise Stücke gemacht. Das (Weiter-)Versenden von Urlaubsfotos, von Gedanken zum Wetter oder zur Flüchtlingsproblematik hat mit echtem Teilen nichts zu tun. Schon gar nicht, wenn Gesinnungen zum Ausdruck kommen, die mit dem Grundgesetz und Menschenrechten auf Kriegsfuß stehen, und deren Urheber im Schatten bleiben. Deshalb lohnt es sich mal wieder, sich der Legende vom heiligen Martin zuzuwenden. Aus dem römischen Offizier wurde ein christlicher Pazifist. Als vorbildlicher Mantelteiler, der dem nackten Bettler hilft, wird er verehrt. Kinder lieben ihn, weil sie ihn mit selbstgebastelten Laternen begleiten, Lieder singen dürfen und was Leckeres bekommen. Die Kinder verstehen auch unmittelbar die Moral der Geschichte. Nur scheint dieses Verständnis manchen mit zunehmendem Alter abhandenzukommen. Gerade heute aber steht Nächstenliebe auf dem Prüfstand. Ideen, aus dem traditionellen Martinsfest ein politisch korrektes Lichterfest zu machen, sind Unfug und gesellschaftspolitisch kontraproduktiv. Das wollte ich nur mal mit-teilen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort