Interview Rainer Rabsahl "Unsere Ärzte arbeiten zum Wohle ihrer Patienten"

Wesel · Der Geschäftsführer des Evangelischen Krankenhauses (EVK) über die geplante Krankenhausreform und ihre Folgen.

Wesel (RP) "Krankenhäuser rechnen 2017 mit einem Katastrophenjahr". "Krankenkassen beklagen Defizit im ersten Halbjahr". Solche Schlagzeilen zur Wirtschaftslage im Gesundheitssystem und zur geplanten Krankenhausreform lassen schwierige Zeiten für Krankenhäuser vermuten. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) warnt, dass die Kosten bei Personal, ambulanter Notfallversorgung und Investitionen nicht gedeckt sind. Der Protest wächst. Höhepunkt wird morgen ein Aktionstag in Berlin und in zahlreichen Krankenhäusern sein. Die Folgen der Reform alarmieren auch die örtlichen Krankenhäuser. Rainer Rabsahl, Geschäftsführer Evangelisches Krankenhaus Wesel, bezieht im Interview dazu Stellung.

Die Reformpläne der Bundesregierung werden von vielen Kliniken hart kritisiert. Protestiert das Evangelische Krankenhaus mit?

Rainer Rabsahl Wir nehmen heute nicht am großen Protesttag in Berlin teil, aber wir hängen Plakate auf, mit denen Patienten, Besucher sowie die Mitarbeiter über die Unzulänglichkeiten der Krankenhausreform informiert werden. Vor allem aber: Wir teilen die Argumentation der DKG. Wir stemmen uns gegen die möglichen Reformfolgen und wollen das Beste für das Evangelische Krankenhaus herausholen.

Aber die Kosten des Gesundheitssystems galoppieren davon. Die Reform will Leistungen beschränken und Behandlungen nach der Qualität bezahlen - was ist daran falsch?

Rabsahl Die Politik sagt nicht die Wahrheit. Sie spricht von mehr Qualität und will eigentlich mehr Konzentration. Die Begründung, Krankenhäuser würden zu viele Leistungen nur aus wirtschaftlichen Gründen erbringen, entbehrt jeglicher Grundlage. Unsere Ärzte arbeiten erstrangig zum Wohle ihrer Patienten. Natürlich müssen wir als wirtschaftlich agierendes Unternehmen Ausgaben und Einnahmen im Visier haben. Das Siegel "Qualität verbessern" ist eigentlich eine Mogelpackung, denn in Wirklichkeit geht es um Deckelung der Ausgaben, während bei den Kosten der freie Markt gilt. Für einige kleine Krankenhäuser könnte das das Aus bedeuten.

Welche Auswirkungen hat die Reform für ältere Menschen?

Rabsahl Im Gesetzesentwurf ist der demografischen Entwicklung nicht ausreichend Rechnung getragen worden. Doch gerade diese stellt das Gesundheitswesen vor enorme Herausforderungen. Der Staat muss Daseinsfürsorge gewährleisten. Dazu gehört meiner Meinung nach auch, dass die unzureichende Investitionsfinanzierung verbessert werden muss und von der beabsichtigten Streichung des Versorgungszuschlages Abstand genommen wird. Denn wenn Krankenhäuser hier alleine gelassen werden, bleibt für eine gute Grund- und Regelversorgung sowie für würdevolle Pflege weniger übrig. Leidtragende sind dann in erster Linie die Älteren, da diese häufiger erkranken.

Und wie richten Sie sich auf die Entwicklung ein?

Rabsahl Wir haben uns mit vielen Entscheidungen auf die Zukunft eingerichtet. Wir haben in die Erhaltung unserer Infrastruktur investiert, organisatorische und medizinische Schwerpunkte gebildet in den Bereichen, wo wir besonders stark sind, beispielsweise Endoprothetik, Onkologie, Neurologie und Nephrologie. Die Vernetzung mit niedergelassenen Ärzten ist gestärkt, das Ärztehaus Visalis läuft sehr gut, das Ambulante Operationszentrum AOZ ist wegweisend. Was wir in den vergangenen zehn Jahren gemacht haben, war vorausschauend.

(RP)
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