Wesel Trickbetrüger geben sich als Dachdecker aus

Wesel · Ein dreistes Trio hat einer Rentnerin (84) in Obrighoven vorgegaukelt, ihr Dach sei undicht. Die vermeintliche Reparatur "unter der Hand" haben sich die Täter mit 3000 Euro bezahlen lassen. Die Polizei ermittelt.

 Ilse Jonetzko kann nicht fassen, dass sie Trickbetrügern auf den Leim gegangen ist. Das Trio hatte behauptet, dass das Dach ihres Hauses undicht sei.

Ilse Jonetzko kann nicht fassen, dass sie Trickbetrügern auf den Leim gegangen ist. Das Trio hatte behauptet, dass das Dach ihres Hauses undicht sei.

Foto: Malz

Ilse Jonetzko hat in der Nacht von Donnerstag auf Freitag praktisch kein Auge zugemacht. Noch immer sitzt der 84 Jahre alten Obrighovenerin der Schreck in den Gliedern. "Ich begreife das einfach nicht. Wie konnte ich nur so dumm sein und auf diese Trickbetrüger hereinfallen", macht sie sich selbst große Vorwürfe.

Ilse Jonetzko ist Opfer einer dreisten Bande geworden, die sich als vermeintlich freundliche Dachdecker ausgeben und dabei die Gutgläubigkeit vor allem von älteren Leute gnadenlos ausnutzen.

Donnerstagnachmittag, kurz nach halb drei. Ilse Jonetzko ist grade beim Spülen, da klingelt es an ihrer Tür. Ein etwa 1,70 Meter, etwas schmächtig wirkender Mann Anfang 30 erzählt in akzentfreiem Deutsch, dass er Mitarbeiter der renommierten Weseler Dachdeckerfirma sei, die gerade die Fassade des gegenüberliegenden Mehrfamilienhauses erneuere. Und bei den Arbeiten habe man gesehen, dass einige Dachpfannen am First des Hauses der Rentnerin verrutscht seien, so dass es reingeregnet haben muss. Ilse Jonetzko bekommt einen Schreck und geht mit dem Mann ins Obergeschoss. "Und tatsächlich waren da auf einem Schrank Wasserspuren. Vermutlich, wie ich jetzt glaube, kam das Wasser aus einer Spritze." Der vermeintliche Dachdecker bietet der aufgelösten Frau an, den Schaden "unter der Hand" schnell für 2500 Euro zu beheben - zusammen mit zwei Kollegen. Regulär würde eine solche Reparatur doppelt so teuer. Sie dürfe aber niemandem etwas sagen. "Ich fand es schon seltsam, dass er und seine Mitarbeiter keine Handwerkerkleidung trugen. Und doch habe ich nicht reagiert und bin zur Sparkasse, um die 3000 Euro abzuholen. Er wirkte auf mich irgendwie vertrauenserweckend."

Ilse Jonetzko benötigt 30 Minuten, um das Geld zu holen. Bei ihrer Rückkehr ist von den beiden Kollegen des schmächtigen Mannes nichts zu sehen. "Er hat in der offenen Garage auf mich gewartet und von einem weiteren Schaden berichtet, der ebenfalls behoben wurde. Nun aber sollte die Sache 3000 Euro kosten. Dann hat er das Geld genommen und meinte: ,Ich zähl es mal nicht nach'. Als er sich verabschiedet hat, wusste ich plötzlich, dass ich einem Betrüger in die Hände gefallen bin." Der Schock sitzt so tief, dass sie nicht in der Lage ist, noch am gleichen Tag die Polizei zu rufen. Erst gestern winkt sie drei Beamte herbei, die im Bereich der Gesamtschule unterwegs sind. Die Polizisten nehmen eine Anzeige gegen Unbekannt auf.

"Uns ist die Art des Trickbetrugs durchaus bekannt", sagt Polizeisprecher Daniel Freitag auf Anfrage der RP und rät dazu, nur seriöse Handwerker mit Arbeiten zu beauftragen und keinesfalls Fall vorab Zahlungen zu tätigen. In Zweifelsfällen, so Freitag, sollte man bei Haustürgeschäften die Polizei informieren.

Übrigens: Nicht nur Ilse Jonetzko macht sich Vorwürfe, jemand Fremdem so vertraut zu haben. Auch die Mitarbeiterin der Sparkasse, der sie von der Sache mit den 3000 Euro erzählt hatte, meldete sich gestern telefonisch bei ihr. "Sie sagt, sie hätte mich eigentlich warnen müssen. Jetzt kann man nichts mehr machen." Natürlich schmerzt die Seniorin der Verlust des Geldes. Doch irgendwie ist sie auch froh. Froh, dass ihr nichts Schlimmeres passiert ist. "Der Unbekannt hätte mir in der Wohnung ja auch einen über den Kopf ziehen können."

(RP)
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