Wesel Top qualifiziert, kein Job - ein Einzelfall?

Wesel · IHK-Präsident Burkhard Landers reagiert auf den RP-Bericht über Benedikt Hass. Der 23-Jährige ist topausgebildet, findet aber keinen Job. Laut Landers sei das ein Einzelfall, Josef Lettgen von der Kreishandwerkerschaft ist fassungslos.

 Für viele ist der Beruf des Maschinenbauers eine sichere Sache, doch Benedikt Hass findet in dieser Branche keinen Job.

Für viele ist der Beruf des Maschinenbauers eine sichere Sache, doch Benedikt Hass findet in dieser Branche keinen Job.

Foto: dpa

Benedikt Hass' Vita liest sich gut: Fachabi am Weseler Berufskolleg, anschließend Lehre zum Zerspanungsmechaniker mit der Note 1 und der Einladung zur Besten-Ehrung abgeschlossen und eine Weiterbildung zum Techniker erfolgreich beendet. Und doch: Benedikt Hass (23) findet keine Festanstellung - und das in Zeiten, in der die Wirtschaft gebetsmühlenartig den Mangel an Fachkräften beklagt.

"Ich bin achtmal zu Gesprächen eingeladen worden, aber auch da hieß es dann am Ende, dass jemand mit größerer Berufserfahrung gesucht wird", erzählte Hass am Montag in einem RP-Bericht. Sein Beispiel lässt Zweifel aufkommen, ob der Fachkräftemangel wirklich so groß ist, wie immer wieder beklagt wird. Oder ist es nur ein Einzelfall?

Wesel: Top qualifiziert, kein Job - ein Einzelfall?
Foto: privat/ema

"Ich glaube, das ist nur eine Ausnahme", sagt Burkhard Landers, Unternehmer aus Wesel und Präsident der Niederrheinische IHK. Denn aus vielen Gesprächen mit Firmenvertretern wisse er, "dass der Nachwuchs fehlt." Es könne aber immer mal sein, dass jemand nicht ins Suchprofil einer Firma passe.

Wie groß der Bedarf an (nicht akademischen) Fachkräften ist, beweisen von Landers vorgelegte Zahlen: Demnach fehlen bis 2030 rund 50.000 gut ausgebildete Facharbeiter am Niederrhein - "Industriemechaniker, Kaufleute, Köche". Landers kann Hass übrigens nur den Rat geben, sich nicht mit einem Nebenjob zu begnügen. "Wichtig ist, irgendeine Arbeit anzunehmen und sich aus einer Anstellung heraus zu bewerben. Denn Lücken im Lebenslauf helfen einem nicht weiter."

 Der Präsident der Industrie- und Handelskammer Burkhard Landers

Der Präsident der Industrie- und Handelskammer Burkhard Landers

Foto: Malz, Ekkehart (ema)

Bei Facebook berichten viele Nutzer in Kommentaren zum RP-Artikel davon, dass sie ähnliche Erfahrungen gemacht haben. "Mir als Lebensmitteltechniker geht es nicht anders, habe in etwa den selben Weg eingeschlagen", schreibt ein User. Eine Userin: "Das ist die traurige Wahrheit. Am besten man ist 30, Familienplanung schon voll abgeschlossen und man hat schon über zehn Jahre Berufserfahrung." Ein weiterer Leser macht Benedikt Mut: "Lass den Kopf nicht hängen, Deine Zeit kommt. Aber schon sehr schade, wenn man so etwas liest. Erfahrungen kann man so zumindest nicht bekommen, das sollten die Betriebe mal kapieren."

Die Geschichte des hoch Qualifizierten, dem fehlende Berufserfahrung den Weg ins Berufsleben erschwert, macht Josef Lettgen fassungslos. Der Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft ist überzeugt, "dass es so etwas im Handwerk nicht geben würde. So einen Leistungsträger würden unsere Familienunternehmen mit Kusshand nehmen. Ich kann die Industrie da nicht verstehen." Sein Tipp: "Wenn Herr Hass flexibel ist, sollte er sich mit der Handwerkskammer in Düsseldorf in Verbindung setzten. Dort findet man gewiss einen größeren Handwerksbetrieb, der so einen Mann sicher gut gebrauchen kann."

Mathias Peter, Personalleiter bei der Weseler Byk Chemie, stellt fest, dass Fachkräftemangel spürbar ist. Er setzt daher verstärkt auf die Ausbildung eigener Nachwuchskräfte. Motto: Da weiß man, was man hat. Auch über Bedarf werde bei Byk ausgebildet. Dennoch, so Peter, könne es für bestimmte Berufe nötig sein, auf dem externen Markt zu suchen. Und da sei Erfahrung der Bewerber schon ein Kriterium. "Aber wir haben auch schon ganz frische Berufsanfänger genommen." Es komme halt immer auf die spezifische Situation und Anforderung an.

(RP)
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