Wesel Tiere bringen Senioren wieder auf Trab

Wesel · Das Nikolaus-Stift bietet für seine Bewohner eine tiergestützte Therapie durch Falknerin Sabine Ehmanns-Kramp an.

 Martha Stock (r.) freut sich über den Besuch von Sabine Ehmanns-Kramp (l.), die mit Hund Greta und Waldkauz Waldemar gekommen ist.

Martha Stock (r.) freut sich über den Besuch von Sabine Ehmanns-Kramp (l.), die mit Hund Greta und Waldkauz Waldemar gekommen ist.

Foto: Malz

Mehr als 90 Jahre ihres Lebens hat Martha Stock mit einem Hund als Haustier verbracht. Ob Boxer, Mops oder Dackel, die Rasse hat bei der 93-Jährigen nie eine Rolle gespielt. "Ich bin im Hundekörbchen groß geworden", sagt die alte Dame, die seit eineinhalb Jahren im Nikolaus-Stift im Weseler Hafengebiet zu Hause ist.

Zwar fühle sie sich in der Senioreneinrichtung wohl, eines fehle ihr jedoch sehr: Hunde. Denn deren Haltung ist dort nicht erlaubt. Doch es gibt eine Lösung, die es der Seniorin zumindest für kurze Momente ermöglicht, Zeit mit Tieren zu verbringen. Und die Lösung heißt Sabine Ehmanns-Kramp.

Die Gladbeckerin (53) ist Hundetrainerin, Falknerin und Jägerin. Neben Falknervorführungen in Schulen, Kitas, bei anderen öffentlichen oder privaten Veranstaltungen sowie der Betreuung einer Hundeschule, hat Ehmanns-Kramp sich auf die sogenannte tiergestützte Therapie mit Senioren spezialisiert. "Nach 27 Jahren in der Altenpflege kann ich gut mit alten Menschen umgehen", sagt sie. Dabei versucht die 53-Jährige mit Hilfe von Hunden, Kaninchen oder Eulen, Gespräche mit den Heimbewohnern aufzubauen.

"Ähnlich wie bei Musik, öffnen Menschen sich durch die Präsenz der Tiere", erklärt Melanie Janßen, Leiterin der Seniorenbetreuung des Nikolaus-Stifts. Auch Bewohner, die nicht mehr verbal kommunizieren könnten, würden in gewisser Weise auf Tiere reagieren. Zudem werde die Therapie genutzt, um mit Demenz-Patienten, deren Biografie aufzuarbeiten.

Bei ihrem Besuch im Nikolaus-Stift hat Ehmanns-Kramp Dackelmischling Greta und den afrikanischen Waldkauz Waldemar dabei. "Die Eulen sind so cool, weil sie wissen, dass sie nicht angefasst werden", sagt die Falknerin über Waldemar, der seelenruhig auf ihrer Hand sitzt, während Greta wild durch die Gegend rennt und springt.

Martha Stock hat sich auf ihre Gäste vorbereitet. Die schneeweißen Haare liegen perfekt, die rote Brille verleiht ihr Jugendlichkeit und im Kühlschrank wartet ein Stück Hähnchen-Filet auf Dackelmischling Greta, das vom Mittagessen übrig geblieben ist. "Ja hallo Greta", ruft die 93-Jährige, als Sabine Ehmanns-Kramp ins Zimmer kommt und der Hund direkt auf den Schoß der alten Dame springt. Der Kontakt mit Greta tut der Gastgeberin gut - auch wenn sie nicht mehr mit dem quirligen Tier toben kann. "Mir ist eines Tages einfach die Wirbelsäule durchgebrochen", erzählt sie. Seitdem sitzt sie im Rollstuhl, kann sich damit allerdings noch sehr gut auf ihren rund 20 liebevoll eingerichteten Quadratmetern bewegen. "Mein letzter Hund sah ähnlich aus wie Greta", sagt sie. "Es tut mir immer noch Leid, dass ich ihn abgeben musste."

"Die Tiere bringen den meisten Bewohnern hier eine Menge Freude", sagt Ehmanns-Kramp. "Sie bringen Leben mit." Bei Menschen, die keine Beziehung zu Hunden und Co. hätten, habe die Therapie jedoch keinen Sinn. "Wenn man nie ein Tier hatte, fehlt oft die Verbindung", erklärt die Falknerin.

Das Nikolaus-Stift hat beschlossen, die tiergeführte Therapie von Ehmanns-Kramp regelmäßig weiterzuführen. "Sie kommt bei allen gut an", sagt Janßen. Sie sei vor allem für diejenigen etwas Schönes, die ihr Zimmer selbstständig nicht mehr verlassen können.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort