Schermbeck/Hamminkeln/Wesel Telefonterror gegen Mike Rexforth

Schermbeck/Hamminkeln/Wesel · Einer Umfrage zufolge werden in jeder zweiten Kommune Bürgermeister, Politiker oder Rathausmitarbeiter wegen der Flüchtlingspolitik angefeindet. Einer von ihnen ist Schermbecks Verwaltungschef.

 Schermbecks Bürgermeister Mike Rexforth wurde monatelang von einem zunächst unbekannten Anrufer terrorisiert.

Schermbecks Bürgermeister Mike Rexforth wurde monatelang von einem zunächst unbekannten Anrufer terrorisiert.

Foto: Hülser

Mike Rexforth schläft in jüngster Zeit wieder deutlich besser. "Ein schönes Gefühl", sagt Schermbecks Bürgermeister. Denn er kennt auch andere Zeiten. Nicht nur, dass ihm in den vergangenen Monaten zahlreiche anonyme Hassmails- und Briefe im Zusammenhang mit der Unterbringung von Flüchtlingen in seiner Gemeinde Sorgen bereitet haben. Als "ganz besonders belastend" haben er und seine Frau die Zeit von August bis März empfunden, als die Familie nächtelang mit anonymen Anrufen terrorisiert wurde. Der Spuk endete erst, als eine Fangschaltung der Polizei den Mann, einen Schermbecker, stoppte.

Nachdem die Staatsanwaltschaft zunächst das Verfahren gegen den Mann, der auch andere Menschen in Schermbeck am Telefon terrorisiert haben soll, eingestellt hatte, wird es nun doch wieder aufgenommen. "Jedenfalls hat mein Anwalt einen entsprechenden Anruf von der Staatsanwaltschaft in Essen erhalten", sagt der 46-Jährige.

So wie Mike Rexforth geht es vielen Bürgermeistern, Kommunalpolitikern und Verwaltungsangestellten in Deutschland. Das jedenfalls ist das Ergebnis einer Umfrage des Fachmagazins "Kommunal", das kürzlich 1000 Bürgermeister in Kommunen mit 10.000 bis 80.000 Einwohnern befragt hat. In jeder zweiten Stadt beziehungsweise Gemeinde sind laut Erhebung Bürgermeister, Kommunalpolitiker oder Mitarbeiter in den Rathäusern im Zusammenhang mit der Flüchtlingspolitik schon einmal verbal angegriffen worden.

An der Umfrage teilgenommen hat auch Wesels Bürgermeisterin Ulrike Westkamp. Doch zählt sie zu den Stadtoberhäuptern, denen Bürger zwar Briefe und Mails mit Fragen zur Flüchtlingspolitik gestellt haben. Aber: "Persönlich beleidigt wurde bei uns bislang noch niemand", erklärte sie gestern auf Anfrage.

Anders sieht das in Hamminkeln bei Bürgermeister Bernd Romanski aus. Der hat zwar an der Umfrage von "Kommunal" nicht teilgenommen ("Vielleicht war ich damals noch nicht im Amt"), hat aber Erfahrungen mit Hassparolen gemacht, die mit der Unterbringung von Flüchtlingen in Zusammenhang stehen. "Nur habe ich aus diesem Thema nie eine Geschichte gemacht, um nicht vielleicht Nachahmer und Trittbrettfahrer zu animieren." Und dann erzählt er im RP-Gespräch von einem Drohbrief mit der Bemerkung "Wir kommen wieder", der an seiner Haustür befestigt war. Mittlerweile aber sei Ruhe eingekehrt. Zur Polizei ist Bernd Romanski nicht gegangen. "Ich bin ruhig geblieben, denn ich habe in meinem Berufsleben schon ganz andere Sachen mitgemacht. So wurde ich im Irak mit Waffen bedroht und habe in wilden Zeiten in Russland Geschäfte gemacht." Aus eigener Erfahrung wisse er, "dass man zum Opfer wird, je schneller man Angst zeigt".

Angst, nein, die hat Mike Rexforth auch nicht. "Und ich werde auch weiterhin zusammen mit vielen anderen engagierten Schermbeckern für die Integration der Flüchtlinge, die uns zugewiesen wurden, kämpfen." Auch wenn er nicht verhehlen kann, "dass sich in diesem Land etwas verändert hat. Die Menschen kennen keine Grenzen mehr".

(RP)
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