Wesel Surman liefert würdigen Festival-Schluss

Wesel · John Surman verzauberte die Zuhörer in der Schlosskirche. Sie dankten es ihm mit einem Geburtstagsständchen.

 Bewegend war es zu beobachten, wie John Surman ganz in der Musik versank.

Bewegend war es zu beobachten, wie John Surman ganz in der Musik versank.

Foto: Malz

Es ist eins dieser Konzerte, bei denen vom ersten Moment an klar ist, dass nichts schiefgehen kann. In diesem Fall sogar schon, bevor überhaupt der erste Ton gespielt ist. Als der Saxofonist John Surman am Sonntag zu seinem Solokonzert die Diersfordter Schlosskirche betritt, begrüßt ihn das Publikum zum 71. Geburtstag mit einem freundlichen Ständchen. Das wiederum rührt den Engländer so sehr, dass er sich erst fassen muss und dann seinen Auftritt mit einer ausgedehnten und originellen Blockflöten-Improvisation über "Happy Birthday" beginnt.

Das Gefühl, in dieser Schlosskirche gerade gemeinsam etwas Besonderes zu erleben, weicht während der gesamten folgenden 80 Minuten nicht mehr - ein Geben und Nehmen zwischen Künstler und Publikum und ein würdiger Abschluss für das Sommerton-Festival in diesem Jahr.

John Surman greift zum Sopransaxophon, vertieft sich in Variationen über sein Stück "Sailing Westwards", wiegt sich im Rhythmus hin und her und ergänzt sein Spiel durch glockige Synthesizerklänge - für sich genommen belanglos, aber als harmonische Unterstützung ein gutes Mittel, um noch größere improvisatorische Freiheit zu erlangen.

Ins abschließende Vogelzwitschern vom Band spielt er - passend zur Witterung - noch ein "Summertime"-Zitat und freut sich über die dankbare Akustik der Kirche.

Neben dem Sopransax, das er gekonnt für (volks-)tänzelnde Melodien, aber auch expressiv swingende Passagen einsetzt, gilt Surmans andere große Liebe den tiefen Tönen. Auf dem Baritonsaxophon, mit ironischem Raunen als "das Monster" angekündigt, kostet er die satten knarzigen Klänge aus, die die Kirchenbänke zum Vibrieren bringen, und erstaunt andererseits mit der Wendigkeit, mit der er spanisch angehauchte Akkordverbindungen umspielt, die an Flamenco erinnern - etwa das Letzte, was man vom Baritonsax erwarten würde.

Faszinierend ist auch John Surmans Spiel auf der Bassklarinette, auf der er virtuos ein sich wiederholendes tiefes Begleitmuster eine Etage höher mit Melodiebögen verknüpft.

Es ist bewegend zu beobachten, wie Surman mit geschlossenen Augen ganz in der Musik versinkt, in seinen Improvisationen auf die Reise in imaginäre Welten geht und schließlich sichtlich erschöpft, aber glücklich in die Wirklichkeit zurückkehrt, wo ihn viel Applaus erwartet. Nachdem ihn der Gesang der Zuschauer schon zu Beginn beglückt hat, bittet er sie am Ende noch um einen gesungenen Bordunton, über den er drei Volkslieder aus Schottland, England und Irland spielt, verziert und verfremdet, während er dabei durch die Kirche wandert.

Mit einem rockigen Bariton-Blues als zweite Zugabe endet schließlich eine Geburtstagsfeier, bei dem die Gäste die Beschenkten sind. Und beschließt damit auch das diesjährige Sommerton-Festival.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort