Willibrordi-Heim Beim Rosenmontagszug Mit 90 zum ersten Mal im Karneval aktiv

Wesel · Von Klaus Nikolei

So sieht der Wagen des Willibrordi-Heims aus, der diesmal im Weseler Zug mitfährt.

So sieht der Wagen des Willibrordi-Heims aus, der diesmal im Weseler Zug mitfährt.

Foto: Wolfgang Schneider

Vera Winter schläft in den letzten Tagen nicht so gut wie sonst. "Wegen der Aufregung", sagt sie. Kein Wunder, denn an Rosenmontag wartet eine Premiere auf die rüstige 90-Jährige: Zum ersten Mal in ihrem Leben ist sie bei einem Karnevalsumzug mit von der Partie. Nicht wie sonst am Rand als Zuschauerin, sondern auf einem Wagen. Zusammen mit neun weiteren Bewohnern des Willibrordi-Seniorenheimes wird sie vom rot-weißen Prunkwagen des Heimes den vielen Tausend Jecken am Straßenrand zujubeln und kräftig Kamelle werfen. "Ich freue mich so sehr darauf und es toll, dass wir dabei sein können", sagt Vera Winter, die aus Graz in Österreich stammt, aber seit mehr als 50 Jahren am Niederrhein zu Hause ist und seit Herbst 2017 im Heim lebt.

Das Willibrordi-Heim fährt in diesem Jahr mit einem eigenen Wagen im Zug mit. Vera Winter freut sich drauf - sie musste 90 werden, um erstmals im Karneval selbst aktiv zu werden.

Das Willibrordi-Heim fährt in diesem Jahr mit einem eigenen Wagen im Zug mit. Vera Winter freut sich drauf - sie musste 90 werden, um erstmals im Karneval selbst aktiv zu werden.

Foto: Klaus Nikolei

Dass Erlebnis, als Aktive beim närrischen Umzug mit dabei zu sein, verdanken die Vorsitzende des Heimbeirates und ihre neun Mitbewohner in erster Linie Altenheim-Hausmeister Wolfgang Schneider. Denn das langjährige Mitglied der Weseler Prinzengarde, das seit nunmehr 27 Jahren die traditionelle Karnevalsfeier im Heim immer am Tag vor Altweiber organisiert, hatte im vergangenen Jahr die Idee, 2018 erstmals mit einem eigenen Wagen am Rosenmontagszug teilzunehmen. Motto: "Je oller, je doller." Ulla Schumacher vom Empfang, die seit neun Jahren maßgeblich an der Organisation der Karnevalsfeiern beteiligt ist, war direkt Feuer und Flamme. Und weil auch Heimleiterin Elke Kühnen die Wagen-Idee prima fand, wurde ein Schlachtplan aufgestellt: Denn es galt einen Wagen zu organisieren, diesen künstlerisch zu gestalten und Sponsoren für das Wurfmaterial zu kontaktieren. Fast die Hälfte aller 65 Mitarbeiter hat seit März 2017 monatlich zehn Euro gespendet, um das Projekt finanzieren zu können.

Wolfgang Schneider ist stolz, dass man über das Internet Kontakt mit einem Kegelclub in Alpen-Veen aufgenommen und dort für kleines Geld einen Karnevalswagen erstanden hat - für genau 1280 Euro. "Natürlich mussten wir den Wagen entkernen, neu aufbauen und gestalten", sagt Schneider. Mit Hilfe von zahlreichen Helfern wurde seit September der Wagen an Wochenenden ehrenamtlich auf dem Hof von Bauer Schmäh in Obrighoven auf Vordermann gebracht und so umgebaut, dass auf ihm zehn Senioren und sieben Betreuer genügend Platz finden. "Unsere Senioren werden in bequemen Stühlen mit Armlehnen sitzen und wegen der Kälte bis zur Brust in Schlafsäcke gehüllt sein", erklärt Ulla Schumacher. Außerdem werden sie alle die gleichen roten Ponchos und roten Mützen tragen und dann drei Zentner Bonbons und 1500 kleine Bälle in die Menge werfen. Weil in kaum einer anderen Stadt ein Heim einen eigenen Rosenmontagswagen gestaltet, ist das Medieninteresse groß. Und so haben auch die Blauen Funken in Köln durch die Berichterstattung Wind von der vorbildlichen Aktion bekommen und per Post zwei Orden ans Willibordi-Heim geschickt, die Schumacher und Schneider jetzt voller Stolz tragen.

Wie es sich anfühlt, auf einem Karnevalswagen zu sitzen, das weiß Vera Winter bereits. Kürzlich waren sie und ihre jecken Mitstreiter auf dem Hof von Bauer Schmäh, um sich den Wagen schon mal anzusehen. Der ist gestern übrigens vom TÜV abgenommen worden, so dass seinem Einsatz am Montag nun nichts mehr im Wege steht.

Man muss kein Prophet sein, um behaupten zu können, dass den Leuten vom Willibrordi-Heim hoch auf dem rot-weißen Wagen an Rosenmontag die Herzen der Jecken entlang der Zugstrecke zufliegen werden.

Besonders groß dürfte die Freude sein, wenn der Zug am Großen Markt vorbeifährt. Denn dort werden rund 20 Heim-Bewohner stehen, dem Willibrordi-Wagen mit ihrem Fähnchen zujubeln und somit bei Vera Winter und ihren Mitstreitern für Gänsehaut sorgen.

(RP)
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