Schermbeck Sorgen ums Wasser und ewige Kosten

Schermbeck · "Es war ein langer und aufschlussreicher Abend", sagte Stefan Steinkühler vom Gahlener Bürgerforum (GBF) nach einem Infoabend, bei dem sich vier Fachleute zum Umwelt-Skandal am Gahlener Mühlenberg geäußert hatten.

 Moderatorin Hella Sinnhuber gab den Zuhörern Gelegenheit, sich mit Fragen an die Experten zu wenden.

Moderatorin Hella Sinnhuber gab den Zuhörern Gelegenheit, sich mit Fragen an die Experten zu wenden.

Foto: Scheffler

"Wir wollen Licht auf die Schattenseiten bringen", kündigte GBF-Mitglied Matthias Rittmann bei der Begrüßung der mehr als 80 Besucher im Café Holtkamp an und ergänzte: "Im Dunklen lassen uns weiterhin der Kreis Wesel und die Bezirksregierung."

Trotz einer Einladung war kein Vertreter erschienen. Stefan Steinkühler eröffnete die Rednerbeiträge mit einer knappen Darstellung des Strafverfahrens gegen einen Gahlener Bürger vor dem Landgericht Bochum (wir berichteten) und mit einem Bericht über den Umwelt- und Planungsausschuss des Kreises Wesel, der am Mittwoch tagte.

"Es wurde bereits beschlossen, gegen die Firma Nottenkämper als juristische Person kein Bußgeldverfahren einzuleiten", sagte Steinkühler. "Bereits im September 2016 wurde ein öffentlich-rechtlicher Vertrag zwischen dem Kreis und der Firma Nottenkämper abgeschlossen, der die Abwicklung regelt." Der Kreis habe versprochen, schriftlich Details dieses Vertrages nachzureichen.

Kritisch beurteilte Steinkühler den Zustand der bisherigen Messstellen zur Grundwasserüberwachung. Sie seien "teilweise defekt, teilweise falsch gebohrt, teilweise an falschen Orten gebohrt". Defekte Messbrunnen könnten zur Durchlässigkeit der Schichten führen. Er verwies auf viele Probebohrungen in Gahlen, als man nach Steinkohle suchte.

Die Bohrungen hätten alle wasserführenden und -stauenden Schichten durchstoßen und ermöglichten somit ein Eindringen gefährlicher Stoffe in die unteren Grundwasserschichten.

Ohne Zwischenfragen trugen mehrere Fachleute ihre Bewertungen des Mühlenbergs vor. Den Reigen eröffnete Thomas Dietz von der RWW mit einer Vorstellung der Wassergewinnung in den beiden Brunnengalerien in Holsterhausen und in der Üfter Mark. "Der Ton ist wirklich ein optimales Material, wenn er denn dicht ist", stellte Dietz fest. Außerdem könne man nicht ausschließen, dass es Verwerfungen gebe.

Zur Ersteinschätzung der Deponie stellte Dietz fest: "Die Deponie liegt im Randbereich des Grundwassereinzugsgebietes der Brunnengalerie Holsterhausen. Die hydrologische Situation bildet grundsätzlich einen wirksamen Schutz des Grundwasserleiters unterhalb des Ratinger Tons. Oberflächenabdichtung, Fassung der Sickerwässer und dauerhafte Überwachung des Grundwasserabstroms sind erforderlich.

RWW wird Einsicht in die Gutachten beantragen und bewerten. Bei offenen Fragen aus der Sicht der öffentlichen Trinkwasserversorgung wird RWW weitere Untersuchungen oder Gegenmaßnahmen fordern. Nach derzeitigem Kenntnisstand ist keine Gefährdung von Brunnen des Wasserwerks Holsterhausen zu besorgen."

Mit der geologischen Entwicklung des niederrheinischen Raumes befasste sich der Physiker und Chemiker Walther Enßlin. "Der Gartroper Busch liegt nicht in einem aktiven Erdbebengebiet", zitierte Enßlin aus einem Schreiben des Landrats an den Schermbecker Bürgermeister und widerlegte durch Hinweise auf die entsprechende Fachliteratur diese Aussage. Durch die Absenkung der Niederrheinischen Bucht seien bis in die jüngste Vergangenheit hinein Erdbeben entstanden.

Die Tonschicht sei kein dauerhafter Schutz, stellte Enßlin fest und verwies auf eine wesentlich dünnere Tonschicht, als das bislang von Nottenkämper angegeben wurde, und auf die Durchstoßung durch Baumaßnahmen oder eine stellenweise Erosion. Anhand von Luftbildern zeigte er Auswaschungen und "keine vertrauenserweckenden Verfärbungen". Als Behandlung der zur Deponie umgewandelten Abgrabung stellte Enßlin das Einkapseln, Ausbaggern und Sanieren vor.

"Ölpellets enthalten krebserzeugende, mutagene und reproduktionstoxische Stoffe", sagte Joern-Helge Bolle. Der Hünxer ist Facharzt für Arbeitsmedizin. Er verwies auf umstrittene und fehlende Grenzwerte. Gerade bei Substanzgemischen würden sich diese addieren oder gar potenzieren. Bolle forderte ein unabhängiges Gutachten und plädierte für eine arbeitsmedizinische Vorsorge mit Monitoring für die Mitarbeiter sowie eine straf-, haftungs- und versicherungsrechliche Klärung der Verantwortung.

Er verwies auf die Klärung der Notwendigkeit einer ewigen Kontrolle von Luft und Wasser einer ewigen Organisation und Bezahlung der Messungen. "Wenn die Schadstoffe unter ausreichendem Schutz der exponierten Arbeitnehmer entsorgt werden, gibt es für die Mitarbeiter und Umwelt keine gesundheitlichen Gefährdungen."

Als letzter Redner stellte Thomas Eckerth, Geschäftsführer der Firma Nottenkämper, geologische Bedingungen der Mühlenberg-Region vor, bevor er das Einbringen der Ablagerungen und die Kontrollen erläuterte. Im zweiten Teil erfuhren die Zuhörer, wie die versteckten Pellets bei Schürfungen gefunden wurden und wie die Abgrabung abgedichtet wird. Eine neue Sickerwasserreinigungsanlage wird im kommenden Sommer in Betrieb gehen.

(RP)
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