Wesel/Rees/Emmerich Schiffer spüren die Ebbe im Rhein

Wesel/Rees/Emmerich · Niedrige Pegelstände machen sich bemerkbar: Mancher Frachter ist mit weniger Ladung auf dem Strom unterwegs.

 Mit dem seit Wochen sinkenden Wasserstand kommt an der Weseler Rheinpromenade immer mehr steiniges Ufer ans Licht. Die Brücke zum Fahrgastschiff "River Lady" (links) fällt vergleichsweise steil ab.

Mit dem seit Wochen sinkenden Wasserstand kommt an der Weseler Rheinpromenade immer mehr steiniges Ufer ans Licht. Die Brücke zum Fahrgastschiff "River Lady" (links) fällt vergleichsweise steil ab.

Foto: Klaus Nikolei

Am Niederrhein hat man mit Blick auf die Pegel vielerorts jetzt den Eindruck, man könne den Fluss gefahrlos zu Fuß durchqueren. Dem ist nicht so. Vom Status eines Rinnsals ist der Rhein noch weit entfernt. Dennoch zeigt der niedrige Wasserstand bereits Wirkung. Frachter mit viel Tiefgang wie Küstenmotorschiffe (Kümos) sind mit weniger Ladung unterwegs, damit es unterm Kiel nicht zu eng wird. Laut Martin Wolters ragen sie derzeit gut 2,50 Meter höher als üblich aus dem Wasser heraus. Wolters ist Dienststellenleiter beim Außenbezirk Wesel des Wasser- und Schifffahrtsamtes Duisburg-Rhein. 1,47 Meter zeigt der Pegel gestern. 1,11 Meter ist als niedrigster bekannter Stand für Wesel am 1. Oktober 2003 notiert worden.

In den letzten Wochen habe es zwar einige Festfahrungen - besonders oberhalb von Grieth - gegeben, doch sei nichts Spektakuläres dabeigewesen, berichtet Wolters im RP-Gespräch. Die Schiffsführer hätten sich jeweils außerhalb der Fahrrinne befunden. Grundberührungen anderer Art gibt es beispielsweise im Weseler Sporthafen. Dort sitzen ufernahe Teile der Steganlage der Ruder- und Tennisgesellschaft Wesel auf. Skipper größerer Boote meiden den Hafen derzeit auch, weil an der Einfahrt das Wasser nicht tief genug für sie ist.

Noch bedrohlicher klingende Stände sind rheinab zu beobachten. Der Pegel in Rees bewegte sich gestern um 95, der in Emmerich um 55 Zentimeter. Normalerweise zeige der Pegel in Rees fast zwei Meter mehr, so Rainer van Laak, Kapitän der "Stadt Rees". Die Schiffer müssen bereits vorsichtig sein. Bei Emmerich können die Schiffe nur mit einem Tiefgang bis 2,20 Meter passieren. "Große Schiffe dürfen nicht mehr voll beladen werden", sagt Jörg Schlütter von der Wasserschutzpolizei Emmerich.

Dass der Rhein derzeit so wenig Wasser führt, liegt an der Trockenheit seit den Sommerferien. In den letzten Jahren habe man bereits einige Male eine solche Situation erlebt. Offenbar müssen sich die Schiffer darauf einstellen, dass es in Zukunft öfter Niedrigwasser geben könnte.

Ein Pegelwert von 55 Zentimetern bedeutet übrigens nicht, dass der Rhein dann auch nur 55 Zentimeter tief ist. In früherer Zeit wurde der Pegel Null tatsächlich nach dem Rheinboden festgelegt. Da der Rhein bis zu zwei Zentimeter im Jahr erodiert, also Boden wegschwemmt, stimmt diese Festlegung schon lange nicht mehr. Außerdem ist die Erosion unterschiedlich groß - bei felsigem Boden etwa kaum vorhanden.

Daher hat die Wasser- und Schifffahrtsdirektion einen Vergleichswert eingeführt: den gleichwertigen Wasserstand (GlW). Der ist je nach Ort unterschiedlich, liegt in Wesel bei 1,77 Meter. Bei diesen Pegelwerten garantiert das Wasser- und Schifffahrtsamt eine Mindestwassertiefe von 2,80 Meter auf einer Breite von 150 Metern. Klingt alles furchtbar kompliziert, führt aber zu einer Faustformel, mit der Kapitäne bestimmen können, ob der Strom noch tief genug ist: Pegelstand minus GlW plus 2,80 Meter ergibt die Wassertiefe. Beispiel Wesel: 1,47minus 1,77 plus 2,80 gleich 2,50. Was beweist: Durchlaufen geht nicht.

(RP)
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