Hamminkeln Pro Mittelstand - ein Jahr selbstbewusst

Hamminkeln · Neujahrsempfang: Mittelstand positioniert sich für Ortskern-Bebauung, Jobs für Flüchtlinge und Steuer-Senkung.

Seit einem Jahr besteht die Wirtschaftsvereinigung Pro Mittelstand. Lange hat man von ihr öffentlich nichts mehr gehört, gestern aber setzte sie ein selbstbewusstes Ausrufungszeichen beim gut besuchten Neujahrsempfang im Landhaus Ridder. Die Themenspannbreite war groß. Markus Teuber, Generalbevollmächtigter der Duisburger Hafen AG, warb für den Logistikriesen und präsentierte dessen Bedeutung für die Region. Lokale Wirtschaftspolitik nahm zudem breiten Raum ein. Denn Vorsitzender Walter Münnich betonte, Pro Mittelstand wolle dem "Mittelstand in unserer Stadt ein Gesicht geben und politisch wirken". Klar positionierte sich die Interessenvertretung für die Ortskern-Bebauung in Hamminkeln, für Jobs für Flüchtlinge insbesondere im Handwerk und für die Senkung der Gewerbesteuer. Mit Sorge betrachtet sie die Millionen-Neuverschuldung durch die Investitionen in Flüchtlingsheime.

"Wir haben gezeigt, dass wir etwas verändern können, und zwar gewaltig", sagte Münnich und meinte damit den "möglicherweise sogar entscheidenden Beitrag" zur Bürgermeisterwahl von Bernd Romanski. Die sei "denkbar knapp" ausgefallen, eine Verschiebung von 293 Stimmen hätte das Ergebnis gekippt. Was Romanski zur Gegenrechnung "600 Vorsprung" veranlasste - interessant, wie sich Blickwinkel verändern lassen. Münnich appellierte an anwesende Parteivertreter, "uns einfach auf den Bildschirm zu holen und bei Entscheidungen zu bedenken, in welcher Weise der Mittelstand betroffen ist".

Konkret nannte er die Turbulenzen um die Raiffeisenstraße: "Investoren brauchen Vertrauensschutz. Verzögerungen sind Gift für sie." Romanski bestätigte dies, sagte aber auch, dass es Kritik von Parteien und Bürgern wegen "der Wuchtigkeit und Größe des Vorhabens gibt". Und er ließ Skepsis durchblicken, ohne deutlicher zu werden: "Ich habe dazu eine persönliche Meinung, die erlaube ich mir auch." Die Verschiebung der Entscheidung in die Mai-Ratssitzung erklärte er damit, dass man Zeit benötige, "um in eine rechtssichere Position zu kommen". Er sei nicht dafür da, "Gewinne für Investoren zu maximieren". Auf Münnichs Forderung, für mehr Ansiedlungen auch durch sinkende Gewerbesteuersätze zu werben, machte Romanski klar: "Würde ich gerne tun. Nüchtern betrachtet, sehe ich eine Senkung in meiner fünfjährigen Amtszeit nicht."

Das habe auch damit zu tun, dass er "den schlechtesten Haushalt aller Zeiten vorlegen musste". Der Etat wurde so auf den Schuldenstand von 2002 zurückgeworfen, verursacht durch massive Investitionen in die Flüchtlingsheime. Daran haben Bund und Land ihren Anteil, wegen der Unterfinanzierung werde Hamminkeln 2016 auf "fünf bis sechs Millionen Euro hängen bleiben". Romanski sieht für den einsamen Finanzierungsweg der Stadt dennoch keine Alternative, wenn man qualifizierte Flüchtlinge am Ort halten und die Überalterung bremsen wolle. Das dauere wegen der langwierigen Verfahren seine Zeit. Sein Fazit: "Wir müssen den Druck aushalten und die Chancen durch Zuwanderer sehen." Pro Mittelstand fragt sich allerdings, wie bleibende Flüchtlinge in Jobs kommen sollen, wenn solche ohne Ausbildung oder Qualifizierung "fast keine Chance haben, im Arbeitsmarkt Fuß zu fassen". Münnich meinte: "Das einzige Fenster, das sich auftut, ist das Handwerk mit allerdings lokal und branchenweise sehr unterschiedlichem, gewissen Fachkräftemangel." Neben Spracherwerb sei nötig, "arbeitsfähige Flüchtlinge in Praktika auf handwerkliche Talente zu überprüfen und in Ausbildung zu überführen".

(RP)
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