Wesel Praxisnahes Deutschbuch für die Flüchtlingshilfe ist fertig

Wesel · Herbert Weiß (85) aus Bislich ist glücklich. Endlich kann sein Lebenswerk auch in der aktuell geltenden Rechtschreibung in Druck gehen. Es soll den Lehrenden und den Lernenden gleichermaßen dienen.

 Herbert Weiß mit einem Exemplar RP-FOTO: SCHUBERT

Herbert Weiß mit einem Exemplar RP-FOTO: SCHUBERT

Foto: Fritz Schubert

Herbert Weiß ist erleichtert. Sein Deutschbuch kann endlich gedruckt werden. Der Weg war steinig. Zeit, Nerven und Geld hat es den 85-jährigen Bislicher gekostet, bis sein Lebenswerk, das besonders Flüchtlingen das Erlernen der deutschen Sprache erleichtern soll, in aktuell gültiger Rechschreibung vorlag. Vor fast genau zwei Jahren hatte die Rheinische Post unter dem Titel "Lektor für Deutschbuch gesucht" über das Vorhaben berichtet. Das hatte auch unmittelbar zu Reaktionen geführt. Eine Dozentin, die Weiß' noch mit alter Rechtschreibung verfasste Unterrichtsmaterialien kannte, wollte den Auftrag übernehmen. Es blieb bei Versprechungen und Vertröstungen. Bis es dem Bislicher zu bunt wurde und er im eigenen Bekanntenkreis einen Ersatz fand, den er ursprünglich schon mal ins Auge gefasst hatte. Die aus Flüren stammende und heute in Berlin lebende Germanistin Verena Metzler packte den Auftrag an und erfüllte ihn zur vollsten Zufriedenheit. "Das ist mein Beitrag zur Flüchtlingshilfe", sagt Weiß glücklich.

"Deutsch verständlich erklärt für Schule und Beruf" erlebt jetzt eine Renaissance. Von der ersten Auflage der Arbeitsbücher aus dem Jahre 1985 sind seinerzeit mehr als 1000 Stück verkauft worden. Nach den Rechtscheibreformen hatte der expert verlag an einer Übertragung kein Interesse mehr, weshalb Weiß, der sich selbst das nicht zumuten wollte, andere Lösungen suchte. In einfacher Form, vervielfältigt bei Power Print in Wesel, liegen erste Exemplare der neuen Fassung vor. Mit einem christlich orientierten Verlag aus dem Münsterland laufen Gespräche. Die Gestaltung des Covers steht noch an. Von der inhaltlichen Qualität des 415 Seiten starken Bandes können sich vertraute Partner des Autors bereits überzeugen: die VHS Wesel und die Dingdener Akademie Klausenhof. Nun möchte Weiß die VHS bundesweit aufmerksam machen und weitere Bildungseinrichtungen, auch aus der Großindustrie, ansprechen.

Was die Unterrichtshilfen des Bislichers so besonders macht, das ist sein Ansatz, die Sprache als Praktiker für Praktiker zu vermitteln. Denn er kennt die Nöte derjenigen, die kaum Deutsch können. Der gebürtige Duisburger, der seit 27 Jahren in Bislich lebt, stammt selbst aus bescheidenen Verhältnissen. Die letzten Kriegsjahre hatte er als Kind auf einem Hof bei Rheine verbracht. In Sicherheit zwar. Aber als er zurückkam, sprach er kein Wort Hochdeutsch. Als Hilfsarbeiter fing er an, brachte es zum Industriemeister Chemie, zum Betriebsassistenten, saß im Prüfungsausschuss, brachte Zuwanderern, Umsiedlern und Einheimischen in den verschiedensten Kursen richtiges Deutsch bei.

"Mindestens 100 Eselsbrücken sind in dem Buch", sagt der 85-Jährige, der am liebsten selbst wieder unterrichten würde. Und manchmal macht er das auch. Er hat in Bislich früher nicht nur jungen Leuten Nachhilfe im Fach Deutsch gegeben, er unterstützt auch heute Fremdsprachler. Zum Beispiel steht er weiter in Kontakt mit dem indischen Priester Jobit Chacko. Aktuell hilft Weiß dem ebenfalls aus Indien stammenden und in Flüren wirkenden Karmeliter-Pater George.

Bildung mit unmittelbarem Nutzen für jedermann liegt dem ehemaligen Hilfsarbeiter Herbert Weiß am Herzen. Wer das neu aufgelegte Deutschbuch erwerben möchte, kann sich unter der Rufnummer 02859 9019933 bei ihm melden.

(fws)
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