Wesel Polizei geht hochsensibel in den Karneval

Wesel · Gewalttaten, Übergriffe, Diebstähle: Hunderte Beamte in Uniform und Zivil für die Sicherheit bei den Zügen im Einsatz.

Wesel: Polizei geht hochsensibel in den Karneval
Foto: Malz, Ekkehart (ema)

Die Silvesternacht von Köln hat vieles verändert. Auch bei der Kreispolizeibehörde in Wesel. Hier herrscht seit Wochen eine ganz eigentümliche Stimmung. "Vor allem jetzt an Karneval ist bei uns Hochbetrieb", sagt Abteilungsleiter Utz Schmidt, seines Zeichens Leitender Polizeidirektor. Immerhin gilt es, Einsatzpläne für zehn närrische Umzüge zu planen. Für alle Beamten besteht eine Dienstfreisperre. So stehen 300 zusätzliche Polizisten bereit, außerdem Teile einer Hundertschaft aus Gelsenkirchen. Einige von ihnen werden - teilweise in Uniform, teilweise in Zivil - am Wochenende schon dabei sein, wenn die jecken Züge durch Moers - hier werden heute 140.000 Besucher erwartet - und morgen durch Voerde (50.000 Jecken) ziehen. Denn es gilt, Szenen, wie es sie Silvester in Köln gegeben hat und die zu einem kollektiven Entsetzen geführt haben, möglichst im Vorfeld zu erkennen und zu verhindern.

Auch wenn es in Wesel am Rosenmontag in den vergangenen Jahren vergleichsweise ruhig geblieben ist, hat die Polizei natürlich auch hier die Zahl der Einsatzkräfte deutlich erhöht. Denn es gilt, Gewalttaten, Diebstähle und sexuelle Übergriffe im Keim zu ersticken.

"Es werden deutlich mehr Beamte als sonst beim Zug in der Innenstadt sein und ein besonderes Augenmerk auf Besucherinnen haben", sagt Utz Schmidt. Dabei werden sich die Polizisten - teils offen, teils verdeckt - vor allem dort aufhalten, wo sich die Menschen knubbeln. Die Strategie der Polizei sieht vor, dass die Streifen mögliche Gefahren sofort an die Führungsgruppe weitergeben, die an diesem Tag an der Schillstraße zu finden ist. Bei den dörflichen Umzügen in Ginderich und Bislich werden übrigens Bezirksbeamte für Sicherheit sorgen.

Zu den Aufgaben der Polizei wird es auch gehören, potenzielle Straftäter "sofort aus dem Verkehr zu ziehen". Dazu gehören neben offenkundigen Rädelsführern auch Betrunkene, die womöglich mit Flaschen werfen, sowie Diebe.

Die Ereignisse von Köln und die Rolle der dortigen Polizei haben nicht nur Auswirkungen auf den Karneval, sondern auch auf die alltägliche Arbeit der Polizei in Wesel. "Es fühlt sich zurzeit gar nicht gut an", sagt Polizeihauptkommissarin Sabine Vetter, die in der Pressestelle arbeitet. Besonders der Verlust an Vertrauen mache den Kollegen zu schaffen. Vetter verweist auch auf den Fall jener 13-Jährigen in Berlin, zu deren letztlich erfundener Vergewaltigungsgeschichte sich gar Außenminister Steinmeier äußern musste. "Vor allem über soziale Medien wie Facebook werden viele Unwahrheiten und Gerüchte verbreitetet. Und nicht selten werden wir dabei an den Pranger gestellt und beschimpft, wir würden nichts tun", sagt sie. Dabei gebe es das Problem, dass einige Rechtsvergehen bei der Polizei überhaupt nicht angezeigt würden. "Und wenn das nicht passiert, können wir auch nicht tätig werden."

Ein weiteres Problem sei, dass sich immer mehr Laien in die Arbeit der Polizei einmischten. Seit den Vorfällen von Köln müsse man sich plötzlich für Dinge verantworten, für die man sich zuvor nicht habe rechtfertigen müssen. "Dabei hat sich an der Qualität unserer Arbeit nichts geändert", sagt Vetter. Schmidt fügt hinzu: "Das frisst Kapazitäten."

Schwer zu vermitteln sei auch, dass mit nachts unbesetzten Wachen in Voerde und Xanten genau das erreicht werden soll, was die Bürger haben wollen: mehr Polizei auf der Straße. Denn wer anruft oder an der Wache klingelt, bekommt sofort Kontakt zur Kreispolizei. Die über weite Strecken unbeschäftigte Kraft von der (Nacht-)Wache aber verstärke den Streifendienst.

Angesprochen aufs Thema Personal, erklärt Schmidt, dass man mit den vorhandenen 850 Mitarbeitern "gut arbeiten kann". Stolz ist er, dass die Kreispolizei Wesel landesweit die Nummer 3 ist, wenn es um die Einsatzreaktionszeit geht. "Das ist bei einem so großen Flächenkreis sensationell", meint er. Und auch in Sachen Aufklärungsquote brauche man sich nicht zu verstecken. "In Voerde beispielsweise können wir die Hälfte aller Delikte klären." Dass viele Täter zu Bewährungsstrafen verurteilt werden und dann wieder auf freiem Fuß sind, liege nicht an der Polizei, sondern an der Justiz.

Trotz der überdurchschnittlich guten Aufklärungsquote wissen Utz Schmidt und Sabine Vetter natürlich, dass die Zahl der Einbrüche viel zu hoch ist und viel zu wenige Täter ermittelt werden können. "Wir arbeiten mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln, auch hier die Aufklärungsquote zu verbessern", sagt Sabine Vetter. Wie hoch diese im vergangenen Jahr war, wird der Landrat im März der Öffentlichkeit präsentieren.

(RP)
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