Wie Geht's, Wesel Politiker müssen auch mal gelobt werden

Meinung | Wesel · Unser Land vor der spannenden Groko-Frage - und gerade deshalb jetzt: Ein Text gegen die Krakeeler, Nörgler und Schreihälse.

Die spannendste Frage des Wochenendes wird ausnahmsweise nicht auf dem Bundesligarasen entschieden, sondern von 443.152 Mitgliedern der SPD. Sie entscheiden über Deutschlands neue Regierung. Die Frage, ob man für oder gegen eine große Koalition ist, hat auch in den Städten unserer Region für Streit gesorgt. Ich lege mich fest: In der SPD wird die Mehrheit deutlich für die Groko sein - aus Verantwortung für das Land.

Die SPD ist für ihren Schlingerkurs der vergangenen Wochen viel kritisiert worden - auch in Wesel hat es kräftig gerumpelt. Die CDU wiederum musste sich vorwerfen lassen, nur eine moderierende, nicht aber eine gestaltende Rolle einzunehmen. Fakt aber ist: Die SPD lässt, gestützt durch einen Gerichtsentscheid, demokratisch innerparteilich über ihren Kurs abstimmen. Und die CDU hat ihren Machtwillen mehr als einmal bekundet. Sieht so Impotenz aus?

Wer also Politikern aus ihrer Parteimitgliedschaft einen Strick zu drehen versucht, wer abwertend auf Politiker schaut, der muss einen konsequenten Schritt gehen: Selbst in die Politik gehen, zum Beispiel auf lokaler Ebene. Das ist meist kein Zuckerschlecken: 30 Tagesordnungspunkte hat die nächste Ratssitzung in Wesel, 29 die in Hamminkeln. Jedes Ratsmitglied tut gut daran, die für die Ratsarbeit aufgewendete Zeit nicht in Stundenlohn umzurechnen. Dann wäre so mancher leicht geneigt, diesen Job andere machen zu lassen. Auch das ist nämlich mal nötig: Unsere Politiker gehören verteidigt gegen die Krakeeler, gegen die Nörgler und Schreihälse. In den Kommunalparlamenten von Wesel, Hamminkeln, Hünxe und Schermbeck sitzen Ratsfrauen und Ratsmänner, die sich für die Entwicklung ihrer Heimat einsetzen. Sie treffen manch strittige Entscheidung, manchmal auch falsche. Aber bisher hat sich noch kein System gefunden, mit dem unser Land besser regiert wird, als die Parteiendemokratie, in der ständig neu die Balance zwischen den langfristigen Werteordnungen im Grundgesetz und den konkreten Zielen der Parteien gefunden werden muss.

Und wer sich jetzt entschieden hat, sich der Politik anzuschließen und selbst irgendwann als Ratspolitiker etwa in Wesel mal laut im Plenum seine Meinung zu sagen: Er wird hoffen müssen, dass der Weseler Rat dem Tagesordnungspunkt 12 mehrheitlich zustimmt: Da geht es nämlich um 90.000 Euro für eine neue Mikrofonanlage im Ratssaal. Auch das ist Kommunalpolitik.

(SP)
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