Schermbeck Ölpellets: Firma BP gerät beim Prozess jetzt in den Fokus

Schermbeck · Der Ölpellets-Skandal wird seit Monaten vor dem Landgericht Bochum verhandelt. Ein Aspekt ist dabei die Rolle des Gahlener Bürgers H. und die des Unternehmens BP in Gelsenkirchen.

Mit dem Umweltskandal in der zur Deponie umgewandelten Abgrabung der Firma Nottenkämper hängt auch ein Prozess zusammen, der am Landgericht Bochum in der zweiten Strafkammer stattfindet und der sich gegen den Gahlener Bürger H. richtet. Er ist Mitgesellschafter der Firma Ruhrcarbon, die in der Lieferkette zwischen der Ruhr Oel GmbH (als Teil der BP) in Gelsenkirchen, der Firma RZB und der Deponie Nottenkämper versteckte Ölpellets geliefert haben soll. Der Gerichtsprozess hat dabei aktuell weitere Details ans Tageslicht gebracht.

Im Laufe des Verfahrens, in dem das Gericht schon 18 mal tagte, stand der Angeklagte in der Anfangszeit stark im Fokus der Lieferkette, nach Auffassung des Verteidigers zu Unrecht, weil man seitens der Verteidigung die Auffassung vertrat, dass die Hauptschuld der Lieferung von Ölpellets beim Verursacher zu suchen sei. Diese Auffassung verhärtete sich im Verlauf des Prozesses, nachdem man auch Zeugen des LANUV und der Bezirksregierung in Münster gehört hatte. Dabei wurde deutlich, dass es der BP sein könnte, durch Umbenennungen in der Abfallklassifizierung zu erreichen, dass - mit Zustimmung der Bezirksregierung - Ölpellets als ein Produkt weiterverwendet wurden.

Inzwischen ist nicht nur ein Wechsel der Zuständigkeit bei der Staatsanwaltschaft in Bochum eingetreten, sondern auch die Bitte der Verteidigung erfüllt worden, den Blick etwas stärker auf das Unternehmen BP zu richten.

Am Dienstag sollten nun zwei Zeugen zur Prozessthematik vor der zweiten Strafkammer für Wirtschaftsstrafsachen beim Landgericht Bochum aussagen. Nur ein Zeuge erschien allerdings. Der zweite Zeuge, J., berief sich als Mitarbeiter der BP auf den Paragrafen 55 der Strafprozessordnung, wonach man die Aussage verweigern kann, wenn die Gefahr einer Selbstbelastung besteht. Wie der Vorsitzende Richter Markus van den Hövel berichtete, sind alle Versuche, die Firma BP zu einer Äußerung bezüglich der Umbenennung der Ölpellets von einem Abfall zu einem Produkt zu bewegen, bislang gescheitert.

Der erschienene Zeuge war bis August 2013 als Chemietechniker Mitarbeiter der BP. Im Rahmen seiner einstündigen Vernehmung wurde zum Ausdruck gebracht, dass die bei der BP anfallenden Ölpellets zunächst einer erlaubten Verbrennung bei der benachbarten Firma Scholven zugeführt wurden, da Ölpellets keiner Deponierung zugeführt werden dürfen.

Als dann die Menge der anfallenden Ölpellets nicht mehr komplett verbrannt werden konnte, haben demnach Überlegungen in der BP begonnen, die Ölpellets auf eine andere Art und Weise loswerden zu können. Der Zeuge berichtete nicht nur von "einer besonderen Drucksituation", sondern auch von einer sechs- bis achtköpfigen Taskforce in der Firma, die extra dafür eingerichtet worden sei, um Wege zur Beseitigung der Ölpellets zu finden. Zu dieser Taskforce habe auch J. [die Red.: der zweite Zeuge] gehört.

Der Zeuge berichtete am Dienstag weiter von Kontakten zu einer Kokerei und zu einer belgischen Firma. Schließlich habe man sich dazu entschieden, den Abfall als Produkt aufwerten zu lassen. Dazu mussten allerdings Nummerierungen in der Abfallbezeichnung geändert werden. Für kurze Zeit konnte der Zeuge sich nicht mehr an den Grund für diese Umbenennungsbemühungen erinnern. Das besserte sich, als ihm der Vorsitzende Richter ein Protokoll vom 5. August 2009 in Erinnerung rief, in dem der Zeuge den persönlichen Druck schon einmal bekannte.

In dem Verhör, bei dem der Richter hartnäckig nachbohrte, erklärte der Zeuge, dass man sich bei der BP durchaus der Gefährlichkeit der Ölpellets bewusst gewesen sei und schließlich nach erfolgreichen Wegen gesucht habe, den Abfall als Industriegut umzudeklarieren. Die komplizierte Materie der Umdeklarierung fasste der Richter zusammen mit den Worten: "Dann gibt man dem Zeug einfach einen anderen Namen. Man könnte auf die Idee kommen, dass man sich damit aus der Verantwortung stehlen wollte. Man hat das Gefühl, dass das eine Art Tarnung war." Der Zeuge widersprach der Feststellung nicht.

Am 6. März wird der Prozess um 10 Uhr im Saal A1.18 des Bochumer Landgerichtes fortgesetzt. Weitere Zeugen werden vernommen, um das Schuldmaß des Gahlener Angeklagten H. zu klären.

(hs)
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