Veranstaltungs-Tipps Neues Museum für den Niederrhein feierlich eröffnet

Wesel · Was genau ist der Niederrhein? Diese Frage umkreisten gestern die Redner zur Eröffnung des neuen LVR-Niederrheinmuseums in Wesel. Ein heiterer Festakt.

Der fröhlichste Moment bei der Eröffnung dieser neuen Kultursammelstelle für den ganzen Niederrhein war der, als Museumsdirektor Veit Veltzke für den Begleitband "Wesel und die Niederrheinlande" warb, der farbenprächtig auf 516 Seiten mehr als ein Kompendium darstellt. Als Museumsdirektor hat man für gewöhnlich das Privileg, in einer Rede die historischen Ausstellungsgegenstände erklären zu dürfen, den weiten Bogen zu spannen, nicht aber für so profane Dinge wie einen Ausstellungskatalog die Werbetrommel rühren zu müssen. Veltzke aber nutzte die Chance, vor 300 geladenen, sicher zahlungskräftigen Gästen zum Kauf des Buches aufzufordern. Er tat dies mit einem Schmunzeln und verwies darauf, dass es gar einen Aktionspreis von 30 Euro statt 34,95 Euro zur Eröffnung gebe. Lautes Lachen der Gäste im Saal - Volltreffer Veltzke. Ein Museumschef muss eben mit der Zeit gehen und auch das Marketing in eigener Sache für sich entdecken.

Es ist ein großer Neustart: Das Niederrheinmuseum tritt an die Stelle des alten Preußen-Museums, das zwar in Fachkreisen geschätzt war, aber zuletzt nicht mehr publikumswirksam agierte. Seit dem 22. Juni 2015 war das Preußen-Museum geschlossen. Gut fünf Millionen Euro sind in Sanierung und Umbau investiert worden. Unterm Dach des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) ist eine neue Konzeption entstanden, die den Kulturraum Niederrhein mehr in den Fokus rückt. "Wesel und die Niederrheinlande" ist die erste Ausstellung überschrieben; die Dauerausstellung des Hauses folgt dann 2020/2021.

Als "Tag großer Freude" bezeichnete die Weseler Stadtchefin Ulrike Westkamp die Eröffnung. Ganz am Beginn der neuen Ausstellung steht das große Großpanorama, das den Großen Markt in Wesel im Mittelalter zeigt. Die dort abgebildeten Personen sind aktuelle Weseler Prominente in historischen Kostümen. Sie stellen Geschichten der Zeit dar. Veltzke nennt diesen Part der Ausstellung "Ouvertüre"; und so ist er zu verstehen: als Einleitung in den großen Kontext.

Die Bedeutung der Region mit kunst-, landesgeschichtlicher, architektonischer Facette wird gezeigt. Die präsentierten Gegenstände, darunter etwa ein Kreuzigungsrelief mit Zisterzienserinnen aus Kloster Graefenthal, ein Chanukka-Leuchter aus dem Besitz des letzen Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Kleve, einer der Weseler Geusenbecher, und - von Veltzke besonders erwähnt - ein historischer jüdischer Grabstein des Elias Gompertz, stehen nie nur für sich, sondern öffnen den Blick für den gesamten Kulturraum.

Aber was ist der Niederrhein? Alle Redner arbeiteten sich - nach Worten des Dankes an die handelnden Protagonisten - an dieser Frage ab. Hans-Christian Otto, Vorsitzender des Stiftungsrats der Stiftung Preußen-Museum und Ministerialrat im neuen NRW-Heimatministerium, nannte die südliche Grenze der Siegmündung bei Bonn. Und er zitierte zum Abschluss Hüsch ("Der Niederrhein will angeguckt werden") - niederrheinisch akzentuiert. Hüsch-Zitate: Damit macht man am Niederrhein nie was falsch. Jürgen Wilhelm, Vorsitzender der Landschaftsversammlung Rheinland, wiederum sagte mit dem Blick eines Domstädters: "Der Niederrhein beginnt aus Kölner Sicht in Düsseldorf." Und der Kreis-Weseler Landrat Ansgar Müller begnügte sich mit der Definition, dass der Niederrhein dort sei, wo Altbier getrunken werde.

All dies sind Definitionen, die beweisen: Man muss diesen Landstrich erweitert definieren, der Niederrhein hat keine festen Grenzen. Das Museum tut also gut daran, keinen Zirkel um Wesel zu schlagen und seine Ausstellungsstücke auf diesen Kreis zu beschränken. Museumschef Veltzke äußerte deshalb auch das Ansinnen, "den Kulturraum mit Leben zu füllen." Das Thema Niederrhein, sagte Veltzke, beschäftige viele. "Der Nationalstaat allein ist keine Perspektive", sagte Landrat Müller - und erfasste damit den Geist der gestrigen Veranstaltung. Der Blick soll immer auch in die Niederlande gehen, Flandern und Brabant mitdenken. Zum Wappentier des Museums könne gleichsam der preußische Adler wie die niederrheinische Blässgans werden, schlug Müller vor. Die Blässgans übrigens kommt eigentlich aus Russland - dass der Landrat sie nun zum Niederrhein-Tier deklariert, sagt wohl viel über die Gastfreundschaft dieses Landstrichs und seiner Bewohner.

Die Ausstellung ist dienstags bis sonntags, 11 bis 17 Uhr, zu sehen. Am ersten Freitag im Monat ist der Eintritt frei. Sonst zahlen Erwachsene 4,50 Euro (ermäßigt 3,50), Familien acht Euro. Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren haben freien Eintritt. In Gruppen ab zehn Personen zahlen Erwachsene pro Kopf vier Euro, Schüler nichts. Für Führungen größerer Gruppen gibt es je nach Teilnehmerzahl, Alter und Wochentag gestaffelte Preise.

Sebastian Peters

(RP)
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