Wesel Nato-Straße: Verkauf an Campingplatz

Wesel · Über den Campingplatz Grav-Insel führt ein Relikt des Kalten Krieges, das nun an den Platzbetreiber, die Familie Seibt, gehen soll.

 Die Nato-Straße führt bei Flüren auf die Grav-Insel.

Die Nato-Straße führt bei Flüren auf die Grav-Insel.

Foto: Fritz Schubert

Wassersportler lieben sie, Militärstrategen brauchen sie, Nachbarn haben eher ein gespaltenes Verhältnis zu Nato-Rampen und den dazugehörigen Straßen. Die Stadt Wesel trennt sich jetzt von einer solchen Straße, die in der Vergangenheit immer mal wieder eine Rolle gespielt hat, weil sie von öffentlichem Interesse war. Im Wirtschaftsförderungs- und Grundstücksausschuss am Mittwoch, 14. Februar, steht der Verkauf der Nato-Straße auf der Grav-Insel in Flüren auf der Tagesordnung. Der Punkt wird, wie es für Grundstücksangelegenheiten üblich ist, im nichtöffentlichen Teil behandelt. Kaufinteressent ist, so wurde unserer Redaktion bestätigt: die Erholungszentrum Grav-Insel GmbH & Co. KG, der das Gelände um die Straße gehört. Familie Seibt, die den riesigen Campingplatz auf dem (Fast-)Eiland bei Flüren betreibt, versucht seit vielen Jahren, die Straße in ihren Besitz zu überführen. Einerseits teilt sie das Betriebsgelände, andererseits erschließt sie es aber auch. Der Kaufpreis liegt nach RP-Informationen bei rund 750.000 Euro.

Die sogenannten Nato-Rampen sind Relikte des Kalten Krieges. Es gibt sie in Deutschland an vielen Flüssen. Am Niederrhein, der Ende des Zweiten Weltkriegs Schauplatz von gewaltigen und für beide Seiten verlustreichen Kämpfen bei der Rheinüberquerung der Alliierten war, sind in kurzen Abständen gleich mehrere zu finden. Es sind Ersatzübergänge für den Fall, dass keine Brücken mehr zur Verfügung stehen. Über breite und befestigte Panzerstraßen könnten dann Truppen und Material herangeführt werden, um sie mit Amphibienfahrzeugen oder an Ort und stelle montierten Pontonbrücken über den Fluss zu bringen. Mit dem Mauerfall und dem Ende des Eisernen Vorhangs sind diese Anlagen überflüssig geworden. Sie ermöglichen jedoch eine bequeme Zufahrt auch in regulär unwegsamen Gebieten ans Rheinufer, was sie zum Beispiel für Angler oder Eigner kleiner Boote interessant macht, die dort ihre Gefährte leicht slippen, also per Anhänger zu Wasser lassen können.

Damit verbunden ist, dass solche Nato-Straßen und Rampen in der Regel öffentlich zugänglich sind. Auch die Verwaltung der Stadt Wesel, die seit längerer Zeit in Besitz besagter Straße auf der Grav-Insel ist, hat bisher immer Wert darauf gelegt, dass dies auch hier zu gelten hat. Umso erstaunlicher ist, dass nun eine Kehrtwende eingetreten ist. SPD-Fraktionschef Ludger Hovest erklärte, dass der Krieg vorbei sei und die Stadt die Straße nicht mehr brauche. Die Rahmenbedingungen für den Verkauf an Seibt seien geklärt. Gemeint sind damit zum Beispiel Wegerechte. Mit dem Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr gibt es einen Aufhebungsvertrag mit der Stadt, der auch die Verhältnisse für das gegenüberliegende Pendant des Ersatzübergangs regelt: Die linksrheinische Nato-Rampe und Straße ist bereits an den Deichverband Duisburg-Xanten übergegangen.

(fws)
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