Hamminkeln Liedgut mit Leergut

Hamminkeln · Das GlasBlasSing-Quintett gab volle Pulle bei den Marienthaler Abenden. Zum dritten Mal recycelten sie im Kultur-Dorf alte Flaschen und begeisterten mit handgemachter Musik der witzigen Art.

 Einen fröhlichen Abend und beste Unterhaltung bot das Quintett, das eigentlich aus dem nordöstlichen Harz stammt.

Einen fröhlichen Abend und beste Unterhaltung bot das Quintett, das eigentlich aus dem nordöstlichen Harz stammt.

Foto: Hermann

Bei denen sieht's aus wie im Getränkemarkt. Hinten auf der Bühne sind die Flaschen und Kästen im Großgebinde aufgereiht. Ein Griff zur Pulle, klein fürs Schnäpsken, groß für den Wein, mittel für das industriegenormte 0,3-Liter-Gefäß, dann wird der Rand angeblasen. Fünf Mann hoch werden die flaschentypischen Tonarten zu Melodien zusammengefügt mit Hilfe recycelter Flaschen-Instrumente. Gar komplette Kästen werden durchgerappelt, im Rhythmus lautstark auf- und zugeklappt. Seit 2003 macht das GlasBlasSing-Quartett aus der verrückten Idee, Flaschen zum Klingen zu bringen, ein abendfüllendes Programm. Das funktioniert. Sehr gut sogar. Wie am Mittwoch in Marienthal.

Volle Pulle gab das Quintett im schweißtreibenden Kulturzelt, Endie, Frank, Fritze, Peter und Möhre fabrizierten auf Flaschen Lieder so harmonisch und dabei immer so witzig, dass das Publikum hörbar Spaß hatte. Die Jungs aus Berlin, die eigentlich aus dem nordöstlichen Harz stammen, wodurch ihr Tonfall tief im Westen als sächsisch gilt, was sie aber in einer augenzwinkernden, musikverwöhnten Harzerisch-Stunde widerlegten, spielen nicht wie "Flasche leer". Glasklare Melodien und packende Beats können die Glasbläser ihren kuriosen Instrumenten nur entzaubern, wenn sie exakt gefüllt sind. Dann ist die Tonvielfalt schier unerschöpflich - bis hin zur panflötenartigen Flaschenreihe. Eben alles, was ein gut sortierter Getränkemarkt zu bieten hat. Daraus entstehen Schnapsflaschen-Xylofon, Wasserspender-Schlagzeug und fauchendes Gebinde, bedröhnt mit zischender Luft aus der großen Drucksprühflasche. Von wegen "Mission impossible", so eine der melodiestarken Coverversionen, sondern Blues, Rumba, Klassik und Rocksong. Vieles ist selbst komponiert und amüsant getextet, wird zur Flaschenbegleitmusik gesungen, bis es wieder klangmalerisch und solistisch klopft, wimmert, dröhnt, posaunt und pfeift.

Manches ist auch frech adaptiert bis hin zu "Mein kleines grünes Fläschchen" à la Comedian Harmonists. Das GlasBlasSing-Quintett duldet keine stilistischen Grenzen. Das alles hat Wumm durch das Schlagwerk mit dem großformatigen Wasserspender als Basedrum nebst kleinen Getränkedosen, die im Flaschenrecycling des Abends aber nur eine ganz, ganz abseitige takttreibende Rolle spielten.

Nur ausnahmsweise griff die Rhythmussektion zur Plastikpulle vom Discounter, dann nämlich, wenn im Stakkato auf die Oberschenkel oder Kopf (nur mit Schutzhelm) gehämmert wird. Das Ensemble macht die Flaschenmusik zum Kult. Ein fröhlicher Abend, beste Unterhaltung.

(RP)
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