Wesel Kindern auf Zeit ein gutes Zuhause geben

Wesel · Die Zahl der Fälle von "Kindeswohlgefährdung" steigt seit Jahren. Deshalb sucht die Stadt Bereitschaftspflegeeltern.

 Stefanie Böttcher (2. von links) und Susanne Hülsmann (hinten rechts), hier beim mittelalterlichen Pflegefamilien-Fest auf dem Hof Elverich auf der Grenze zwischen Büderich und Borth, hoffen, dass ihre Suche nach neuen Bereitschaftspflegeeltern von Erfolg gekrönt sein wird.

Stefanie Böttcher (2. von links) und Susanne Hülsmann (hinten rechts), hier beim mittelalterlichen Pflegefamilien-Fest auf dem Hof Elverich auf der Grenze zwischen Büderich und Borth, hoffen, dass ihre Suche nach neuen Bereitschaftspflegeeltern von Erfolg gekrönt sein wird.

Foto: Pflegekinderdienst

Man will sich gar nicht vorstellen, was Kinder in manchen Familien - hier, mitten in Wesel - an physischer oder auch psychischer Gewalt erleiden. In aller Regel sind die Eltern überfordert, einige von ihnen beinahe noch Jugendliche. Fast immer haben sie Probleme mit Alkohol oder Drogen.

Allein in diesem Jahr spricht die Statistik des Kinderpflegdienstes von 20 Inobhutnahmen. Meist haben die Mitarbeiterinnen, die zum Team Soziale Dienste gehören, in Gesprächen mit den Ratsuchenden erkannt, dass es für alle Beteiligten besser wäre, wenn Kinder - wenigstens vorübergehend - aus den Familien genommen werden, um das Kindeswohl nicht zu gefährden. Die Zahl der Inobhutnahmen in Bereitschaftspflege steigt seit Jahren. 2015 waren es insgesamt elf, im Jahr acht.

Damit vor allem Mädchen und Jungen im Säuglings- und Kindergartenalter nicht in einem Heim betreut werden müssen, gibt es in Wesel zwei Bereitschaftspflegefamilie, die im Notfall Gewehr bei Fuß stehen. "Doch das ist bei der Häufung der Fälle auf Dauer einfach wenig", sagt Stefanie Böttcher vom Kinderpflegedienst. Aktuell arbeiten sie und ihre Kollegin Susanne Hülsmann an der Neugestaltung eines Infoflyers, um interessierte Familien und Paare für diese so wichtige Aufgabe zu gewinnen. Zwar kann der Fachbereich Jugend im Rathaus im Notfall auf einen Pool von Bereitschaftspflegefamilien vom gesamten Niederrhein zurückgreifen. Aber, so sagt Susanne Hülsmann: "Wir möchten einfach mehr eigene Familien haben, weil die Kinder dort auch nicht länger bleiben, sondern von Fall zu Fall nur einige Tage, Wochen oder wenige Monate." Voraussetzung für diese zweifelsohne anspruchsvolle und zeitaufwendige Arbeit sind Familien, in dem ein Partner möglichst nicht berufstätig ist. "Denn es ist wichtig, dass man sich um die Pflegekinder intensiv kümmert", sagt Stefanie Böttcher. Leben bereits Kinder im Haushalt der Bewerber, ist das zweifelsohne von Vorteil.

Interessant ist die Aufgabe sicherlich für Bewerber, die Kindern ganz einfach helfen möchten, nervenstark sind und auch mit schwierigen Situationen umgehen können. Natürlich, und das ist den Mitarbeiterinnen des Pflegekinderdienstes besonders wichtig zu erwähnen, erhalten die Bereitschaftspflegefamilien neben einem regelmäßig gezahlten Pflegegeld (aktuell etwa 35 Euro pro Tag) auch die Möglichkeiten, an regelmäßigen Fortbildungsmaßnehmen teilzunehmen.

"Und nicht zuletzt sind wir vom Pflegekinderdienst Ansprechpartner für alle aufkommenden Fragen", versichert Susanne Hülsmann und vergisst dabei nicht, noch auf eine ganz wichtige Sache hinzuweisen. "Bewerber müssen auch die Eigenschaft mitbringen, loslassen zu können. Denn es fällt sicherlich nicht immer leicht, sich von einem lieb gewonnenen Pflegekind zu verabschieden, das dann zurück zu den Eltern, in ein Heim oder in eine Pflegefamilie kommt."

Aktuell leben in Wesel etwa 120 Kinder dauerhaft in 85 Pflegefamilien.

Weiter Infos gibt's beim Pflegekinderdienst (Rathaus-Anbau, Zi. 120) bei Stefanie Böttcher, Tel. 0281 203-2596, oder bei Susanne Hülsmann, 203-2577.

(RP)
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