Wesel Junges Trio auf hohem Niveau und ohne Furcht

Wesel · Oh, diese wunderbare Geige am Freitagabend im Bühnenhaus, ein Instrument von der Guarneri-Familie, Cremona 1735, es wurde eins mit der Musik und deren Interpretin Johanna Pichlmair. Die hellere Stimme der Violine klang im "Trio Kontra", in dieser ungewöhnlichen Besetzung Geige, Kontrabass und Klavier, naturgemäß hervor. Aber nie egozentrisch gefärbt.

Und das war besonders gut im frischen, natürlich leuchtenden Klangbild des jungen harmonischen Ensembles, deren Mitglieder - neben der Violinistin der Kontrabassist Andreas Ehelebe und der Pianist Georg Michael Grau - sehr wohl als Künstler bezeichnet werden dürfen.

Der Deutsche Musikrat empfiehlt junge Könner, und die erfahrenen Konzertplaner des Städtischen Musikvereins und der Stadt Wesel orientieren sich daran. Der furchtlose Zugriff der jungen Menschen auf alte und neue Meisterwerke, freilich im Vertrauen auf eigenen Fleiß und durch intensives Lernen erworbene Gestaltungsfähigkeit, nahm die Hörer mit. Die waren hin und weg.

Bachs Sonate c-Moll, BWV 1024, gewann geistige Tiefe mit der behutsamen schrittweisen Annäherung an das Werk, das sich im Adagio als wundersames Lied entfaltete und sich im Presto furchtlos dem Leben stellte. Das forderte umgehend in Pendereckis Duo concertante für Violine und Kontrabass die Anerkennung des Jetzt heraus. Verfremdende härtere Bogenstriche, mitunter Klopf-Effekte, sprödere Tonfolgen, die sich jedoch immer wieder zum mutigen Aufbruch bewegten, das plötzliche Aus nach einem Allegretto scherzando riss die Hörer mit. Danach Aufatmen in der puren Schönheit von Bottesinis Duo concertante für Violine, Kontrabass und Klavier, einem virtuosen Stück mit furiosen Kadenzen des Kontrabasses. Auch die beiden anderen Instrumente erhielten ihre besonderen Auftritte: Klavier und Violine jeweils in einem Allegro maestoso, einer lachend vagabundierenden Spielmusik. Hui, wie das lief. Pause.

Von Trauer erzählten die summenden Streicher und das flüsternde Klavier in Rachmaninovs Trio élégiaque Nr. 1 in g-Moll, aufwühlend bis zum erlösenden Schluss. Danach sprang die Weltlust ungebremst auf: Piazzollas Las Cuatros Estaciones Portenas - Die vier Jahreszeiten von Buenos Aires - inspiriert von Vivaldi, sogar mit einigen Zitaten geschmückt. Die klangliche Darstellung aber unverkennbar lateinamerikanisch, der Rhythmus erinnerte an den Tango, ohne ihn direkt einzufügen. Die Jahreszeiten wurden klanglich gemalt. Kompositorische Kunst auf hohem Niveau, die interpretatorische ebenso.

Muss der Applaus, das Glück des Dabeiseins extra erwähnt werden?

(RP)
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