Wesel In Rekordzeit Notunterkunft geschaffen

Wesel · Ex-DRK-Domizil am Lippeglacis ist gestern von 200 Helfern für die Ankunft der ersten Flüchtlinge hergerichtet worden.

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Viersen: So werden die 150 neuen Flüchtlinge untergebracht

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Foto: Busch, Franz-Heinrich sen. (bsen

Gestern Morgen hat der Weseler Malermeister Heinz van Rheinberg einige unangenehme Telefonate mit Kunden führen müssen. "Ich musste ihnen erklären, dass wir vereinbarte Termine nicht wahrnehmen können, weil die Stadt uns gebeten hat, die Notunterkunft am Lippeglacis mit Laminat zu versehen und die Wände weiß zu streichen. Wie gut, dass alle unsere Auftraggeber Verständnis gezeigt haben", sagt der Chef von 14 Mitarbeitern. Die sind nun eifrig damit beschäftigt, den Boden der beiden zusammenhängenden Lagerhallen der Firma Landers, die dem Deutschen Roten Kreuz viele Jahre als Domizil gedient haben, zuerst mit einer zementgrauen Spezialmasse auszugleichen und dann mit Laminat auszulegen. Das brandsichere Material, mit dem 760 von insgesamt 1200 Quadratmetern Fläche ausgelegt werden, hat van Rheinberg Dienstagabend telefonisch bestellt.

In den Hallen herrscht eine eigenartige, aufregende Atmosphäre. Überall wird gewerkelt, geschraubt und gedübelt. Alle - Profis und Ehrenamtler - arbeiten Hand in Hand, um in Rekordzeit möglichst alles fertigzubekommen. Die Zeit drängt. Denn um 21 Uhr, so ist zunächst zu hören, sollen 74 von insgesamt 125 Flüchtlinge per Bus eintreffen. Die Landers-Hallen dienen ihnen als Erstaufnahmelager. Dienstagnachmittag hatte, wie berichtet, die Stadt während einer Krisenstabssitzung zusammen mit Vertretern von THW, Maltesern, der Caritas, der Feuerwehr und des Roten Kreuzes entschieden, das Ex-DRK-Gebäude für die Asylbewerber aus Syrien, Afrika und dem Balkan herzurichten.

Was ist was - Begriffe zum Thema Flüchtlingsunterkünfte
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Foto: dpa, rwe lof

Zwischen den rund 200 Handwerkern, Feuerwehr-, THW-, DRK-, Malteser-, ASG- und Stadt-Leuten fällt eine junge blonde Frau auf, die zusammen mit zwei Männern Kuchenbleche und Muffins in einen Nebenraum schleppt. "Die Kuchen sind für die fleißigen Helfer beziehungsweise für die Flüchtlinge. Sie sollen sehen, dass sie willkommen sind", sagt die 28-jährige Lara Fidler, die mit ihrem Freund Dennis Neumann die Postagentur an der Feldstraße in Obrighoven betreibt. Sie ist Mitglied der Facebook-Gruppe "Vesalia hospitalis", auf der auch Pirat Manfred Schramm aktiv ist. Er hat das Paar zur Notunterkunft begleitet. "Die Hilfsbereitschaft der Weseler ist unglaublich", sagt Schramm. Die Leute würden ohne Ende Kleidung beim DRK am Herzogenring abgegeben und sich anbieten, den Flüchtlingen auf unterschiedliche Art und Weise zu helfen.

Das Gewusel auf und rund um das Landers-Areal beobachtet Ulrike Kitzmann aufmerksam. Die Unternehmerin wohnt und arbeitet in einem Bungalow direkt nebenan. Obwohl ihr die Flüchtlinge "unendlich leid tun", sieht sie deren Ankunft mit gemischen Gefühlen entgegen. "Man sagt uns zwar, dass diese Notunterkunft nur für einige Wochen bestehen bleiben soll. Doch irgendwie glaube ich nicht daran. Vielleicht wird die Stadt immer wieder vom Bund verpflichtet, Flüchtlinge dezentral hier unterzubringen." Wenn dieser Fall eintreten sollte, dann, so sagt sie, "müssen wir uns ernsthaft überlegen, hier wegzuziehen." Ob sie das Angebot der Bürgermeisterin annimmt, übergangsweise in eine Ausweichwohnung umzuziehen, überlegt sie noch.

Am späten Abend ist ein Teil der angekündigten 125 Flüchtlinge angekommen. Und die brauchen nach ihrer Odyssee jetzt erstmal Ruhe.

(RP)
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