Wesel In allen Winkeln des Doms Hand angelegt

Wesel · Nach fast 44 Jahren Mitarbeit am Willibrordi-Dom geht der Steinmetz Klaus Gehrke in den Ruhestand.

 Wie oft Klaus Gehrke aufs Dach gestiegen ist, kann er nicht mehr zählen.

Wie oft Klaus Gehrke aufs Dach gestiegen ist, kann er nicht mehr zählen.

Foto: Malz

Er will Fahrrad fahren und sich um die Enkel kümmern. Mehr hat der 65 Jahre alte Klaus Gehrke noch nicht für seinen Ruhestand geplant. "Wie es kommt, so kommt's", sagte der langjährige Mitarbeiter des Dombauvereins gestern bei seiner Verabschiedung im Willibrodi-Dom. "Außerdem hatte ich ja noch überhaupt keine Zeit, darüber nachzudenken."

Der Dombauverein und die Evangelische Kirchengemeinde waren gleichermaßen wehmütig darüber, mit Gehrke einen der bedeutendsten Mitarbeiter gehen lassen zu müssen. "Seine helfende Hand war immer da, und wir haben sie immer gern zu Rate gezogen", sagte Pfarrerin Martina Biebersdorf. "Er hat an vielen Stellen Spuren hinterlassen und wir werden auch in Zukunft noch Fragen an ihn richten."

Ohne Klaus Gehrke wäre der Willibrordi-Dom heute ein anderer. Seit 1972, als der Wiederaufbau noch in vollem Gange war, hat der Steinmetz in so ziemlich allen Winkeln des historischen Gemäuers Hand angelegt - ob im Gewölbe, am Turm, am Giebel oder beim Fliesenlegen. Er war es, der auf dem Dach stand, als das Kreuz von einem Hubschrauber auf die neue Turmspitze gesetzt wurde - keine ungefährliche Angelegenheit. "Zwei andere Mitarbeiter sind geflüchtet, die hatten Angst", so der Bocholter.

 Steinmetz Klaus in jungen Jahren - hier beim Abschluss am nordwestlichen Turm der Turmgalerie.

Steinmetz Klaus in jungen Jahren - hier beim Abschluss am nordwestlichen Turm der Turmgalerie.

Foto: Gehrke

Der prägendste Moment für den Steinmetz war jedoch ein anderer: Das Hochziehen der heute über 217 Treppenstufen zu erreichenden Turmspitze mit einem riesigen Kran im Jahr 1978. "Da war unheimlich viel Rummel", erzählt er. Schon die Vorbereitung sei aufwendig gewesen, Panne inklusive: "Der Betonschlauch ist geplatzt", so Gehrke. Der auslaufende Beton sei den Turm außen heruntergeflossen und habe nur mit viel Aufwand vom Abbinden abgehalten werden können.

Die letzte große Aufgabe Gehrkes im Dom war jetzt der Einbau des neuen Lastenaufzugs. Bevor sich der 65-Jährige, der am Tag der Verabschiedung auch Geburtstag hatte, aber vollständig in den Ruhestand zurückzieht, will er noch einen Rundgang durch den Dom machen. "Ich muss auf jeden Fall noch mal in alle Ecken gucken", sagte er.

Die freie Zeit wird er dann mit seiner Frau Ruth genießen, die ebenfalls in diesen Tagen in den Ruhestand geht. Gemeinsam wollen die beiden historische Altstädte erkunden und - wie soll es anders sein - dabei viele Kirchen besichtigen. "Ich erkenne Missstände dann sofort", sagte der Steinmetz. Besonders interessant seien zudem Baustellen. "Da frage ich dann auch mal nach, was gerade gemacht wird."

Um Baustellen am Willibrordi-Dom muss Gehrke sich allerdings ab heute nicht mehr kümmern. Dabei stehen gerade zwei Probleme an: Zwei Fenster im südlichen Seitenschiff sind nicht ganz dicht. Es regnet rein, Bänke und Menschen darauf werden nass. Zum anderen setzen sich abends rund 100 Krähen auf den Dachfirst. Sie fallen vor allem durch ihre Lautstärke auf, sagte Biebersdorf. Zudem hinterlassen sie weiße Kotstreifen auf dem Dach. Naturschützer und Fachfirmen sind eingeschaltet. Auf einen Wanderfalken, für den einst ein Horst gebaut wurde und der Tauben vergrämen sollte, wird weiter gewartet.

(RP)
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