Wesel "Immer nur meckern ist doof"

Wesel · Norbert Segerath kann mit der Linken wenig bewirken, aber dennoch macht die Ratsarbeit ihm Spaß.

 Norbert Segerath (Linke) hält die Kommunen für unterfinanziert und sieht dabei auch den Kreis mit in einem Boot.

Norbert Segerath (Linke) hält die Kommunen für unterfinanziert und sieht dabei auch den Kreis mit in einem Boot.

Foto: Ekkehart Malz

Die Linken gehören wie WWW/Piraten und die FDP als Zwei-Mann-Fraktion zu den Kleinsten im Weseler Rat. Bewirken können sie wenig, zumal die wesentliche Politik von CDU und SPD gemeinsam bestimmt wird. Dennoch macht die Ratsarbeit dem Fraktionsvorsitzenden Norbert Segerath (68) Spaß. Überhaupt sei es "die beste Entscheidung gewesen", vor 20 Jahren nach Wesel zu ziehen. Deshalb bringt er sich mit Ideen ein. "Für mich ist das Ergebnis wichtig. Immer nur meckern ist doof."

Das Kräfteverhältnis bereitet Segerath keinen Verdruss. "So ist Demokratie", sagt der Mann, der die Weseler Linke nicht auf extremen Positionen sieht. Vielmehr folge sie "alten SPD-Linien". Aus dem, was die Genossen in Land und Bund machen, hält er sich raus, sagt Segerath, der beharrlich Prioritäten setzt. Sich treu geblieben sei neben der Linken nur die FDP. "Wir haben noch Ziele in der sozialen Unterstützung", sagt der Fraktionschef und freut sich besonders über ein erreichtes. Schließlich sei der Beschluss für die große Gesamtschule zulasten von Realschule Mitte und Martini-Hauptschule auf Initiative der Linken in einem Bündnis gegen CDU und FDP zustande gekommen.

Andere Aufreger belasten Norbert Segerath in der Rückschau auf 2015 wenig. Kalt lässt ihn die Diskussion über die Stahltanne. Ebenso die Frage, wo denn das bronzene Stadtmodell aufgestellt werden soll. "Es gibt wirklich wichtigere Sachen", meint Segerath, der die Geschichts-App zum Stadtjubiläum aber als positiv begrüßt. Seine Ausgabenvergleiche sind anderer Art: 50.000 Euro für ein Tourismuskonzept hält er für falsch, wenn dem Mehrgenerationenhaus 10.000 Euro genommen werden. "Geld ist da, nur die Verteilung stimmt nicht", findet der Linke.

Die lässt sich für ihn auch locker auf Bund und Land übertragen. Dort seien die wahren Schuldigen für die Misere an der Basis zu suchen: "Die Kommunen sind unterfinanziert und können nicht alles stemmen, was an zusätzlichen Aufgaben auf sie zukommt. Da sitzen wir alle in einem Boot. Auch mit dem Kreis." In Richtung des Landtagsabgeordneten Norbert Meesters (SPD) sandte Segerath im RP-Gespräch die Nachricht, dass er das noch mal nachrecherchiert habe, was Wesel alles vom Land bekomme: nämlich "so gut wie nichts."

Segerath ärgern diverse Merkwürdigkeiten. Etwa, dass Kindergärten Ü3-Kindern den Zugang verwehre, um den gesetzlichen Anspruch auf U3-Plätze erfüllen zu können. Oder, dass von 120 angekündigten Flüchtlingen zuletzt nur elf am Lippeglacis angekommen sind, weil die anderen unterwegs ausgestiegen und ihrer Wege gegangen seien. Vielleicht aus Unkenntnis oder fehlender Betreuung seien sie nun unregistriert, illegal und ohne Anspruch auf Hilfe in Deutschland unterwegs. Gleichwohl findet Segerath es gut, wie Flüchtlinge in Wesel aufgenommen und unterstützt werden. Die Spendenbereitschaft habe nicht abgenommen.

(RP)
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