Ludger Hovest "Ich muss als Politiker gestalten wollen"

Wesel · Der SPD-Vorsitzende und Weseler SPD-Fraktionschef spricht im Interview zum Jahreswechsel über politische Erfolge in Wesel, die Rolle der Bundes-SPD in den Sondierungsgesprächen und eine erneute Kandidatur der Bürgermeisterin.

 Ludger Hovest: "Wir erreichen doch nicht mehr politische Beteiligung von Bürgern, wenn wir die Zahl der Mandatsträger reduzieren."

Ludger Hovest: "Wir erreichen doch nicht mehr politische Beteiligung von Bürgern, wenn wir die Zahl der Mandatsträger reduzieren."

Foto: Jana Bauch

Herr Hovest, ein Jahreswechsel ist immer auch Anlass für einen Rückblick. Wie zufrieden sind Sie mit 2017 als SPD-Vorsitzender in Wesel?

Ludger Hovest Die Stadt hat sich positiv entwickelt, was Infrastruktur und Haushalt angeht. Vor vier Jahren haben wir eine Haushaltskonsolidierung beschlossen, die Früchte ernten wir jetzt. Das ist ein gemeinsamer Erfolg von CDU und SPD - jeder hat seinen Teil eingebracht.

Wo wollen Sie im Jahr 2018 einen politischen Schwerpunkt setzen?

Hovest Die Weseler Innenstadt müssen wir im Blick haben. Der Onlinehandel verändert die Geschäftswelt. Wir müssen weiter daran arbeiten, das Erlebnis Innenstadt zu bieten. Die geplante Ansiedlung von Edeka im Esplanade-Center ist ein Schritt auf diesem Weg. Es gibt aber viele weitere Themen. Wirtschaftsförderung ist eines: Wir müssen auf die Wirtschaft zugehen und Dinge möglich machen. Da brauche ich keine Bedenkenträger. Mit dem RVR müssen wir den Regionalplan diskutieren, weil wir weitere Gewerbeflächen brauchen. Unser Wirtschaftsförderer hat wöchentlich mehrere Anfragen von Firmen, die sich eine Ansiedlung vorstellen können. Denen müssen wir Flächen bieten. An der Robert-Bosch-Straße etwa ist eine Weiterentwicklung nötig. Ähnliches gilt für dies Kiesflächen Pettenkaul und Histenbruch.

Die Schullandschaft in Wesel hat sich in den vergangenen Jahren verändert. Die Hauptschule läuft aus. Sehen Sie damit ein Ende der Entwicklung, kehrt da erst einmal Ruhe ein?

Hovest Von der Struktur her sind wir jetzt gut aufgestellt. Ich glaube, die Schülerzahlen in den kommenden Jahren reichen aus, um die Standorte zu erhalten. Wir sind zufrieden damit, dass wir hier keine Schulpolitik mit Ideologie machen. Jedes Kind kann die Schule besuchen, die es wünscht. Wir haben auch stark vom Programm Gute Schule 2020 profitiert. Aber Bildung ist nicht nur Schule. Auch die Hochschule FOM in Wesel und die Krankenpflegeschule der beiden Kliniken müssen wir im Blick haben. Wesel ist eine Bildungsstadt. Und perspektivisch müssen wir dran bleiben, unseren Hut dafür in den Ring zu werfen, Nebenstandort der Hochschule Rhein-Waal zu werden. Die Hochschule entwickelt sich gut, wenn in Kamp-Lintfort und Kleve ein Ende der Fahnenstange erreicht ist, dann muss eine Erweiterung nach Wesel möglich sein. Es gibt Unternehmen wie Altana und die Kiesindustrie, die hier Bereitschaft erklärt haben, eine Professorenstelle zu finanzieren.

Kommen wir zur Weseler Sozialdemokratie. Wie sehen Sie Ihre Partei im Hinblick auf den Nachwuchs aufgestellt?

Hovest Es wird einen kontinuierlichen Wandel geben. Ich bin aber froh, dass viele Leute nachrücken. Mit den Ortsvereinsvorsitzenden Hilmar Schulz in Mitte und Patrick Tepass in Bislich/Flüren haben wir junge Leute am Ruder. Ein Wandel geht aber nicht abrupt, sondern muss immer eingeleitet werden.

Wir befinden uns in der Mitte der Ratsperiode. Haben Sie mit Frau Westkamp gesprochen, ob sie erneut antritt?

Hovest Ich bin mir mit der Bürgermeisterin einig, dass eine erneute Kandidatur gut wäre und von sehr vielen Menschen begrüßt wird.

Mit welchem Gegenkandidaten der CDU rechnen Sie?

Hovest Ich habe gehört, dass bei den Schwarzen schon einige mit den Hufen scharren und dass es noch nicht entschieden ist. Ich glaube, dass unsere Bürgermeisterin Ulrike Westkamp großen Rückhalt in der Bevölkerung hat. Vielleicht sollte die CDU mal überlegen, ohne eigenen Kandidaten anzutreten.

In Hamminkeln, auch im Kreis und in Schermbeck, wurde zuletzt darüber diskutiert, das Kommunalparlament zu verkleinern.

Hovest Das halte ich für ausgemachten Unsinn. Mit einer möglichen Kandidatur der AFD muss man sich inhaltlich an Themen abarbeiten und nicht mit der Größe des Rates operieren. Wir erreichen doch nicht mehr politische Beteiligung von Bürgern, wenn wir die Zahl der Mandatsträger reduzieren. Dann wird wieder nur in einer kleinen Elite diskutiert und es kommt zu den immer gleichen Ergebnissen. Deshalb finde ich es gut, wenn in einem Stadtrat wie Wesel mit 51 Mitgliedern ein breites Spektrum der Bevölkerung abgebildet ist.

Es ist ein Ehrenamt, wie viele andere Ehrenämter auch.

Hovest Das Ehrenamt sollte mehr gestärkt werden. Ich kann mir beispielsweise vorstellen, auf arbeitsrechtlicher Ebene den langjährigen ehrenamtlichen Einsatz mit einem Urlaubstag zusätzlich zu belohnen. Auch ein zusätzliches Rentenjahr hielte ich für denkbar. Aber das sind bundespolitische Fragen.

Stichwort Bundespolitik. Wie bewerten Sie die Rolle der SPD in der derzeitigen Suche nach einer Regierung für unser Land?

Hovest Ich bin kein Gegner der Groko, wir haben in Wesel ja selbst eine. Wenn unser SPD-Vorsitzender Schulz gleich nach der Wahl vor Jusos gesagt hat, dass er nichts wolle, ist das schwach, eine dumme politische Aussage. Ich muss doch als Politiker gestalten wollen. Ein Hovest würde sagen: Ich will alles und sofort. Irgendwann muss unsere Partei merken, dass die Menschen die Gespräche leid sind. Es muss mal entschieden werden. Ich halte CDU und SPD für fähig, Deutschland vier weitere Jahre zu regieren.

SEBASTIAN PETERS FÜHRTE DAS INTERVIEW.

(RP)
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