Wesel Harter Start zur Betuwe-Erörterung

Wesel · Im Planfeststellungsverfahren zum Ausbau der Bahnlinie (Stichwort Betuwe) sind seit gestern die Einwender am Zug. Sie machen ihrem Ärger über Terminierung und mangelnde Informationen Luft und stellen viele unbequeme Fragen.

 Zwei von 2500 Einwendern: Die Gärtner Jürgen Rohde (l.) und Arnd Lohmeier sehen ihre Betriebe durch Flächenverluste massiv gefährdet.

Zwei von 2500 Einwendern: Die Gärtner Jürgen Rohde (l.) und Arnd Lohmeier sehen ihre Betriebe durch Flächenverluste massiv gefährdet.

Foto: Klaus Nikolei

Hier die Deutsche Bahn, dort die Stadt Wesel und ihre Bürger: In der Niederrheinhalle prallen seit gestern bis voraussichtlich Donnerstag die Pläne zum Ausbau der Bahnstrecke (Betuwe) auf Weseler Gebiet und die Einwendungen der Betroffenen aufeinander. Hinter verschlossenen Türen geht es heftig zu. Denn es geht um viel. Neben Forderungen nach mehr Lärmschutz und Sicherheit an den Gleisen für die Allgemeinheit, sind viele Anlieger in ihrem Eigentum betroffen. Etwa dann, wenn sie Flächen für das Bauvorhaben abgeben sollen. Wer keine Einwände erhoben hat und jetzt, im sogenannten Erörterungstermin, nicht weiter dafür kämpft, wird am Ende schlechte Karten haben.

Von insgesamt rund 2500 Einwendern für den Weseler Bauabschnitt waren gestern 200 da - darunter 40 Träger öffentlicher Belange. "Absolut nachvollziehbar", nannte Bürgermeisterin Ulrike Westkamp das, was die Bürger vortrugen. Und sie lobte deren Hartnäckigkeit: "Es wird sehr genau nachgefragt." Sie selbst hatte neben den bekannten städtischen Positionen auch Überlegungen zu den Kosten vorgetragen. 1,5 Milliarden Euro höre sich nach viel an, doch müsse man das auch in Relation zu anderen Großprojekten sehen. Da frage sich mancher kleine Anlieger zu Recht, warum er keinen oder kaum aktiven Lärmschutz bekomme. Für die Stadt steht auch die Lippebrücke auf der Agenda, denn die alte soll bleiben, lediglich ein neues Bauteil fürs zusätzliche Gleis hinzukommen.

Ins Detail gingen gestern schon mal die Stadtwerke. Sie werfen der Bahn vor, einen Havarie-Fall in ihrer Planung überhaupt nicht berücksichtigt zu haben, und forderten den Anschluss der Bahnstrecke ans Abwassersystem. Vor dem Hintergrund des jüngsten Kesselwagen-Unglücks in Bulgarien war dies von besonderer Brisanz.

Nach weiteren RP-Informationen sehen sich die Einwender geballter Fachkompetenz gegenüber, die derzeit mehr notiert, als unmittelbar beantwortet. Elf Leute der Bahn sowie drei der verfahrensleitenden Behörde Bezirksregierung bilden das Podium. Dies bekam unter anderem Kritik an der Terminierung zu hören: Zu kurz vor Weihnachten, wenn kaum jemand Zeit habe. Ebenfalls moniert wurde, dass die Bahn drei Jahre Zeit gehabt habe, sich mit den Einwendungen zu befassen, die Einwender jedoch nur zwei Wochen für die Antworten. Diese sind teils 300 Seiten stark.

Für Ärger und Verwirrung sorgen auch Änderungen der Ursprungsplanung, wie sie teils eingangs in einem Infofilm zum Projekt zu sehen waren. Das führte prompt zu der Frage, worüber denn überhaupt zu befinden sei: die dem Verfahren zugrundeliegende Fassung oder eine den Betroffenen noch gar nicht bekannte Planung. So gibt es offenbar Änderungen für den neuen Feldmarker Bahnhof, die unter anderem Betriebe von Gärtnern wie Jürgen Rohde und Arnd Lohmeier berühren. Beobachter gewannen den Eindruck, dass die Pläne der Bahn fehlerhaft beziehungsweise unvollständig sind. Zudem fühlen sich viele weder von Bahn noch Bezirksregierung ernstgenommen.

(RP)
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