Dieter Nuhr im Interview "Gute Arbeiten behalten was Rätselhaftes"

Wesel · Der Kabarettist Dieter Nuhr eröffnet am Sonntag, 24. Januar, 12 Uhr, im Bühnenhaus seine Fotoausstellung mit dem Titel "Nuhr aus Wesel". Bilder mit Motiven aus aller Welt und aus seiner Geburtsstadt sind bis 13. März in der Galerie im Zentrum zu sehen.

 Bilder seiner Heimatstadt hat Dieter Nuhr im Sommer aufgenommen. Erkannt wurde er nicht. "Die Stadt war weitgehend menschenleer."

Bilder seiner Heimatstadt hat Dieter Nuhr im Sommer aufgenommen. Erkannt wurde er nicht. "Die Stadt war weitgehend menschenleer."

Foto: Jutta Hasshoff-Nuhr

Hallo Herr Nuhr, Ihre Foto-Ausstellung gehört 2016 zu den Highlights des Weseler Stadtjubiläums. Wann haben Sie die Aufnahmen in Ihrer Geburtsstadt gemacht? Und: Sind Sie dabei erkannt worden?

Nuhr Die habe ich im Sommer aufgenommen. Die Stadt war weitgehend menschenleer, wahrscheinlich hielten sich die Touristenströme gerade in Xanten oder Kevelaer auf.

Haben Sie nur Gebäude und Plätze fotografiert oder auch Menschen?

Nuhr Ich fotografiere selten Menschen. Meist stören sie im Bild. Meine Bilder versuchen ja alles Voyeuristische zu vermeiden, sie sind immer frontal aufgenommen und sachlich, da sorgen Menschen für etwas ungewollt Anekdotisches.

Sind die Bilder Ihrer Ausstellung mit humoristischen und beziehungsweise liebevoll-sarkastischen Kommentaren versehen oder gibt es nur nüchterne Ortsangaben?

Nuhr Ob ich für die Ausstellung ein paar Kommentare schreibe, weiß ich ehrlich gesagt noch nicht. Eigentlich brauchen die Bilder das nicht. Aber natürlich macht es mir auch selber Spaß, die Sachlichkeit der Bilder mit einem subjektiven Kommentar zu versehen. Ich muss dann berücksichtigen, dass der Weseler ausgesprochen empfindlich ist, wenn man die Schönheit seiner Stadt anzweifelt. Ich versuche, den richtigen Ton zur treffen, sonst lasse ich es lieber. Ein Monat ohne Shit-Storm ist auch mal ganz schön...

Kann man Ihre Arbeiten auch kaufen?

Nuhr Kann man. Die Galerie Löhrl am Fliescherberg in Mönchengladbach ist da Ansprechpartner für Interessenten.

Bislang wusste ich nur, dass Sie auf Lehramt studiert haben, aber nicht, dass Sie Absolvent der Folkwangschule in Essen waren. Was war Ihr eigentlicher Berufswunsch? Fotograf? Und: Was ist passiert, dass Sie es nicht geworden sind?

Nuhr Ich habe Malerei studiert in Essen. Die Folkwangschule war damals in die Universität Essen eingegliedert worden. Eigentlich wollte ich Künstler werden, dafür fehlte mir allerdings jegliches Verkaufstalent. Ich bin dann auf der Bühne gelandet, habe aber immer weiter Bilder produziert. Dass die nun auch gezeigt und verkauft werden, ist mir eine große Freude. Da kann ich den Lagerraum mal staubwischen.

War Ihre erste Kamera vielleicht eine Ritsch-Ratsch-Klick? Die war ja in den 70er Jahren modern, hat aber grauselige Fotos gemacht. Meine jedenfalls waren furchtbar.

Nuhr Meine allererste Kamera habe ich selbst gebaut. Auch später habe ich noch Lochbilder gemacht, mit Kistenkameras ohne Objektiv. Mit der Zeit habe ich aber gelernt, dass es schön ist, wenn der Bildgegenstand erkennbar ist. Heute mag ich die brutale Schärfe und Detailzeichnung einer präzisen Optik.

Haben Sie schon als Kind oder als Jugendlicher mit dem Fotografieren begonnen? Und welches waren Ihre Lieblingsmotive?

Nuhr Fotografiert habe ich immer, aber ich unterscheide zwischen meinen geknipsten Fotos - ich mache auch Selfies vor Pagoden oder an Aussichtspunkten, also den üblichen Krempel - und Bildern. Die Bilder haben einen künstlerischen Anspruch und haben mit dem geknipsten Kram nur die Technik gemein. Sie ersetzen das, was mir früher die Malerei war.

Was halten Sie von Selfies?

Nuhr Prima. Ich halte das für völlig normal, dass man sich ein Andenken von einer Situation macht, und dass man auf diesem Bild dann selbst zu sehen ist. Ich habe Selfies aus meinen ersten Urlauben und verstehe nicht, was am, "Selfie" neu sein soll. "Ich und Eiffelturm" ist wahrscheinlich eines der ältesten Fotomotive überhaupt.

Haben Sie zu Hause eher gerahmte Fotografien - in Schwarz-Weiß vielleicht - hängen oder Gemälde?

Nuhr Alles mögliche, von der gerahmten Farbfotografie bis zum Zwei-mal-drei-Meter-Bild in Acryl ist alles da, auch krude Skulpturen, vom chinesischen Künstler bis zur schwedischen Bildhauerin. Ich mag es sehr, mit rätselhaften Objekten zu leben.

Haben Sie vielleicht ein Lieblingsfoto?

Nuhr Das habe ich nicht, ich verfüge auch nicht über eine Lieblingsfarbe, -platte oder einen Lieblingsfilm. Aber ich mag es, wenn auf dem Bild etwas zu sehen ist, das einen mitnimmt in einen fremden Teil der Welt, fremde Schriftzeichen oder Alltagsgegenstände. Bei Arbeiten anderer Künstler lasse ich mich gerne überraschen, da bin ich immer froh, wenn ich nicht gleich verstehe, worum es geht. Gute Arbeiten behalten etwas Rätselhaftes.

RP-REDAKTEUR KLAUS NIKOLEI FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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