Hamminkeln Grundwasser: Kreis irritiert die Stadt

Hamminkeln · Nitratbelastung im Grundwasser ist ein Problem. Jetzt hat der Kreis eine Modellregion zur Belastungsreduktion ausgerufen. Die betrifft große Teile Hamminkelns. Nur weiß die Stadtverwaltung davon nichts.

 Gülle - wie hier in Bislich - wird am Niederrhein vielerorts gefahren. Hamminkeln wird jetzt Teil einer Modellregion.

Gülle - wie hier in Bislich - wird am Niederrhein vielerorts gefahren. Hamminkeln wird jetzt Teil einer Modellregion.

Foto: Ema

Ebenso unscheinbar wie formal neutral geht es um die "Modellregion für eine grundwasserschonende Landwirtschaft". Das Thema Wasserschutz ist wichtig, und die Belastung des Grundwassers, das bekanntlich nicht vergisst, wenn Stoffe eindringen, wird häufig debattiert. Nun will die Kreisverwaltung flächendeckende Änderungen einleiten. Im Umwelt- und Planungsausschuss Hamminkelns wurde Ende August politischer Segen eingeholt, besagte Modellregion mit einem Projektkonzept zu verbinden und dies alles "mit den beteiligten Akteuren" zu erörtern. Klingt nach transparenter Kommunikation, ist es aber nicht. Denn der ausgeguckte Untersuchungsraum betrifft Hamminkeln mit den kreisweit größten Anteilen landwirtschaftlicher Fläche und dort vor allem Brünen sowie um Wertherbruch/Loikum. Nur: bis heute weiß man vor Ort nicht Bescheid, weder mit der Stadt noch mit den Bauern gab es Vorgespräche. Im Rathaus zeigt man sich höchst irritiert.

Trotzdem besteht ein Beschluss des Kreises, der in der Niederschrift so verzeichnet ist: "Der Umwelt- und Planungsausschuss hat die Verwaltung beauftragt, auf Basis der in dieser Vorlage genannten Eckpunkte das Projektkonzept für die ,Modellregion grundwasserschonende Landwirtschaft' mit den beteiligten Akteuren zu erörtern und deren Errichtung zu vereinbaren." Gleichzeitig bittet die Verwaltung die Landesregierung, diese Modellregion zu unterstützen und mit Fördermitteln auszustatten.

"Der Beschluss ist gültig und muss nicht noch im Kreistag nächste Woche bestätigt werden", hieß es gestern beim Kreis Wesel. Hintergrund ist die im März vorgelegte Einschätzung der sogenannten Grundwasserkörper in der Region. Demnach werden viele von ihnen mit "schlecht" bewertet, da die Nitratgehalte im Grundwasser über den Grenzwerten liegen. Verantwortlich dafür ist "maßgeblich die landwirtschaftliche Düngung mit Gülle, Jauche, Gärresten und Kunstdünger", sagen die zuständigen Leute beim Kreis. Ob neue Regelungen zum Düngemitteleinsatz den Zustand verändern, gilt bei ihnen als fraglich. Sie wollen zwei jeweils in Plänen mit Zahlencodes bezeichnete Grundwasserkörper unter der Überschrift Modellregion einbeziehen - beide in Hamminkeln und beide laut Kreis mit hohen Nitrat- und Ammoniumstickstoffwerten.

Im vorgesehen Konzept geht es um veränderte Bewirtschaftungsformen, Gülleverbringung an sogenannte Güllebörsen, wissenschaftliche Begleitung und Kompensation, wie sie zum Beispiel die Stadtwerke Wesel in ihrem Gewinnungsgebiet wegen geringerer Ausbringung zahlen.

Aufbauen will man auf bisherige Erfahrungen und Beratungen im Kreis Wesel. Um weniger Nitratbelastung zu erreichen werden bereits Kooperationen zwischen den verschiedenen Wasserversorgern und den in Schutzgebieten liegenden landwirtschaftlichen Betrieben vereinbart. Für Mehraufwand und Ertragsausfall gibt es Entschädigungszahlungen. Auch berät die Landwirtschaftskammer ausgewählte Modellbetriebe, grundwasserschonend zu bewirtschaften. Doch das betrifft nur einen kleinen Teil der ausgewiesenen Grundwasserkörper.

Laut Kreis befinden sich auf rund 25 Prozent des Kreisgebietes Wasserschutzzonen, in denen die Kooperationsarbeit stattfindet. Modellbetriebe gibt es aber nur vereinzelt. Eine flächendeckend grundwasserschonende Bewirtschaftung erfolgt aktuell nicht. Was passiert nun? Man hätte wohl mehr erfahren und Akzeptanz geschaffen, wenn die Stadt Hamminkeln ins Boot geholt worden wäre.

(RP)
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