Hamminkeln Finanzen: "2016 wird dramatisch schlecht"

Hamminkeln · Kämmerer und Bürgermeister rechnen mit sieben Millionen Euro Defizit. Erfolgreiche 15-Millionen-Kredittilgung wird mit einem Schlag vernichtet. Dennoch soll geplante 2017er-Nachzahlung das Haushaltssicherungskonzept vermeiden.

Die Finanzlage Hamminkelns ist prekär und hat sich durch die hohen Kosten für Flüchtlinge weiter verschärft. Die Ausgleichsrücklage wird im laufenden Jahr verbraucht, damit ist das finanzielle Polster völlig ausgedünnt. 46,2 Millionen Erträge und 53,2 Millionen Aufwendungen sind 2016 geplant - macht sieben Millionen Miese. Dennoch landet die Stadt noch nicht ganz hart - sprich: der Gang ins Haushaltssicherungskonzept wird 2016 vermieden. Das gelingt aber nicht aus eigener Kraft, sondern weil Teilzahlungen des Landes für Flüchtlinge erst 2017 verbucht werden können, so dass im Folgejahr ein besseres Ergebnis erzielt werden kann. Das sind die Kernpunkte zum Haushalt 2016, die Kämmerer Robert Graaf im Rat nannte und Bürgermeister Bernd Romanski in einer Pressekonferenz zuvor mit erläuterte.

Der Gang ins Haushaltssicherungskonzept (HSK) wird von der Oberbehörde, in diesem Fall Kreis Wesel, verordnet, wenn die Stadtfinanzen festgelegte finanzielle Hürden reißen. Dadurch wird der politische Spielraum praktisch auf Null gedreht, Ausgaben müssen von höheren Instanzen genehmigt und freiwillige Leistungen gekürzt werden. Wie fast exakt prognostiziert, verzeichnet die Stadt in diesem Jahr ein Defizit von 2,5 Millionen, die nur durch die Rücklage ausgeglichen werden können. "2016 werden es sieben Millionen sein, das ist sehr, sehr deutlich über dem zulässigen Eigenkapitalverzehr. 2016 wird dramatisch schlecht", so Graaf. Dennoch: Auch 2017 soll die Stadt den Kopf über Wasser halten können. Verursacht wird dies durch ein Rechenexempel. Das Land zahlt nämlich 833 Euro pro Flüchtling pro Monat. Basis ist die Zahl der Neuankömmlinge an bestimmten Stichtagen. Gezahlt wird fürs erste und zweite Halbjahr 2016. Alles, was an Zuwachs über die angenommene Flüchtlingszahl von Juli bis Dezember 2016 hinausgeht, wird 2017 spitzabgerechnet und überwiesen. Hamminkeln prognostiziert so drei Millionen Nachzahlung vom Land im übernächsten Jahr. Falls die Zusagen und die zeitliche Abwicklung eingehalten werden. 2018 soll ein kleines Defizit anfallen, 2019 soll der Etat wieder ausgeglichen sein. Überschüsse werden beim Steueraufkommen erwartet.

Besonders bitter: Während in den letzten 15 Jahren Kredite über 15,5 Millionen getilgt wurde, wird der Erfolg 2015 und 2016 mit 15,17 Millionen neuen Krediten auf einen Schlag aufgefressen. Ein Großteil fällt an für neue Flüchtlingsunterkünfte, wobei dies durch zehn zins- und drei tilgungsfreie Jahre abgefedert wird. Ende 2016 wird Hamminkeln insgesamt 43,9 Millionen an Krediten verzeichnen. Auch vor den Personalkosten macht die Entwicklung nicht Halt. Zehn neue Stellen vom Sozialarbeiter bis zum Hausmeister bedeuten 600 000 Euro mehr Aufwand (2016: 7,1 Millionen).

Romanski erneuerte seine Kritik an Land und Bund, dass die Kommune durch die mangelnde Finanzierung bei den Flüchtlingen de facto in die Haushaltssicherung getrieben würden. 2016 hat die Stadt 8,3 Millionen Euro für Flüchtlingsunterkünfte vorgesehen, untergebracht im 11,6-Millionen-Investititonsposten der städtischen Gemeinschaftsbetriebe. Bei den Ausgaben steht die Kreisumlage mit 16,2 Millionen an der Spitze. Graaf hat auf der sicheren Seite mit der angekündigten Erhöhung gerechnet, findet eine Resolution an den Landrat zur Reduzierung richtig, glaubt aber nicht an entscheidende Rückgänge.

Große Spareffekte durch die Hamminkelner Arbeitsgruppe Haushaltssanierung sind nicht zu erwarten. Die Maßnahmen sind entweder schon realisiert oder politisch nicht durchsetzbar.

(RP)
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