Niederrhein Entdeckungsreise zur Duisburger Kunst

Niederrhein · In 55 Häusern beteiligten sich 160 Künstler an den Tagen des offenen Ateliers. Sie gewährten faszinierende Einblicke.

 "Offenes Atelier" in der Katholischen Familienbildungsstätte am Wieberplatz mit (v.l.): Brunhilde Böhls, Antje Paselk, Bernd Meyer, Ute Linnenkohl und Josef Tobias.

"Offenes Atelier" in der Katholischen Familienbildungsstätte am Wieberplatz mit (v.l.): Brunhilde Böhls, Antje Paselk, Bernd Meyer, Ute Linnenkohl und Josef Tobias.

Foto: Andreas probst

2004 öffneten sich erstmals die Türen von 25 städtischen und privaten Ateliers. 63 Künstler waren damals dabei. Diesmal waren es mehr als doppelt so viele Einrichtungen. So beteiligten sich jetzt im gesamten Stadtgebiet 55 Ateliers und Atelierhäuser mit rund 160 Künstlern an der Aktion. Zu sehen gab es Arbeiten und Werke der Bildhauerei und Plastik, der Fotografie und Grafik, der Malerei und Zeichnung sowie der Installations-, Objekt- und Videokunst.

Allein die vier größten Einrichtungen - "Städtisches Künstler- und Atelierhaus Goldstraße", "Künstlerhaus Weidenweg", "Städtisches Kultur- und Freizeitzentrum Rheinhausen" und "Hafenkult" - stellten insgesamt knapp 70 Künstler. Mit Charlotte Urbanek und Christoph Breitmar im KFZ-Rheinhausen und Sabine Bazan, Michael Sander, Gaby Sowa und Peter Withof im Kunstverein kamen weitere sechs Gastkünstler hinzu. Zählt man zu den eben genannten vier großen Atelierhäusern noch die fünf mittleren mit mehr als vier beteiligten Künstlern dazu, dann stellten weniger als ein Fünftel aller Kunsteinrichtungen fast zwei Drittel aller beteiligten Künstler.

Doch genug der Statistik. Besonders die einzelkünstlerischen und neu hinzugekommenen Orte, wie im Norden der "Kunstraum Walsum" von Martina Fischer oder in Duissern "Rotkäppchens Tanten" von Susanne Arnken, waren es wert, heimgesucht zu werden. Die Entdeckungsreisen dorthin konnte das Publikum individuell oder als Gruppe in Form eines organisierten Rundgangs beziehungsweise einer Busrundfahrt mit Renate Engel oder als Fahrradtour mit Adele Heyfelder unternehmen.

Zwar nicht neu, doch zum ersten Mal beim "Offenen Atelier" dabei, war Wolfgang Müllers Atelier und Museum auf der Bahnhofstraße in Meiderich. Seit vier Jahren arbeitet er dort und seit zweieinhalb Jahren macht er seine Räume für die Öffentlichkeit zugänglich. Besonders Schulklassen und Gruppenbesuche habe er, wie er sagt, zuhauf. Doch was macht seine Kunst so interessant? Müller ist, wie sein großes Vorbild Vincent van Gogh (1853-1890), ein besessener Maler. Dieser habe zu Lebzeiten insgesamt 870 Ölbilder und 1100 Zeichnungen angefertigt. Dieses Gesamtwerk hat es Wolfgang Müller angetan. Seitdem er in Meiderich arbeite, habe er 620 Ölbilder und 450 Zeichnungen davon bereits geschafft. Doch Müller, übrigens auch ein hervorragender Pianist, malt keine Kopien, sondern schafft Interpretationen der Werke van Goghs. "Van Gogh", erklärt er, "gibt mir das Motiv vor. Die Farbgebung kommt aber von mir."

Neu dabei, und zwar sowohl vom Ort her als auch von der Person, war das Hut-Atelier "Rotkäppchens Tanten" der Modistin Susanne Arnken an der Moltkestraße. Die in Halle an der Saale geborene Künstlerin ist gelernte "Hut- und Putzmacherin". Doch damit nicht genug: Sie ist zudem gelernte Buchhändlerin und studierte in den Fächern Geschichte, Politik und Kommunikationswissenschaften. Seit Anfang des Jahres nutzt Arnken die ehemalige Wohnung als Atelier und Werkstatt. Hier entstehen Hüte und Mützen (für Frauen und Männer) aller Art sowie Schals, ob aus Seide, Wolle oder Leinen. Und weil zu Rotkäppchen - nach Grimm - auch ein (böser) Wolf gehört, hatte sich Barbara Wolf mit ihrer Malerei eigens für das "Offene Atelier" dazugesellt.

Unweit davon, auf der Grabenstraße, ist der Duisburger Verein "Integrationsmodell" beheimatet. Dieser widmet sich der Förderung selbstständigen Lebens von Menschen mit Behinderung. Die Sozialarbeiterin Angelika Biebusch arbeitet sowohl im Bereich "Betreutes Wohnen" als auch beim Inklusionsprojekt "take pART", einem Kreativangebot für die zu betreuenden Klienten. Beim jetzigen "Offenen Atelier" stand Malerei auf dem Programm.

Erstmals beim "Offenen Atelier" dabei war auch das Künstlerprojekt "Kreative Prozesse" der Katholischen Familienbildungsstätte am Wieberplatz. Mehrere Kreative gehören dazu, darunter Brunhilde Böhls, Susanne Gresens-Friebe, Annemarie Lied, Ute Linnenkohl, Bernd Meyer, Antje Paselk, Angelika Schwedes, Josef Tobias und Bettina Wolf.

Während Böhls malerisch arbeitet, ebenso aber auch in Richtung Textilkunst, sind für Wolf Silberdraht, Glas, Holz und Ton die bestimmenden Werkstoffe. Gresens-Friebe dagegen spielt und experimentiert gerne mit allen Materialien, die sie zu Kunst machen kann. Linnenkohl arbeitet prozessorientiert und recycelt Papier zu künstlerischen Botschaften. Der 85-jährige Bernd Meyer, Maler und Objektkünstler, sagt über sich: "Früher habe ich in der Kunst den Widerstand gesucht, heute lasse ich es bei künstlerischen Fingerübungen."

(RP)
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