Wesel Ein Marathon zum Abschied

Wesel · Die Tage der alten Rheinbrücke sind gezählt. Vor dem Abriss im Frühjahr zog das Stahlträgerwerk nun die Läufer an. Die Brücke wurde zum Austragungsort des "Lost-Places"-Marathon: 42,195 Kilometer ging's über den Strom.

Marathonlauf auf der alten Rheinbrücke
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Marathonlauf auf der alten Rheinbrücke

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Das hat die alte Rheinbrücke in ihren über 50 Jahren noch nicht erlebt: Zum ungewöhnlichen Marathon über das Stahlträgerwerk, das im Frühjahr abgebrochen wird, starteten 33 Läufer Sonntagmorgen auf der linken Rheinseite. 42,195 Kilometer hatten sie vor sich — insgesamt 44 Mal über den Fluss. Zu den Läufern, die aus der ganzen Republik zu diesem Event angereist waren, gesellten sich viele Niederrheiner: Sportler aus Weeze und Spellen, Emmerich und Duisburg gingen an den Start. Zuvor wurden die Muskeln aufgewärmt, die Strecke inspiziert und die Schuhe geschnürt. Um 10 ging's los — immer von einer Rheinseite zur anderen.

Als Kind oft drüber geradelt

"Für mich als Weseler ist das wirklich ein ganz besonderer Marathon — hier in der Heimat und noch dazu auf einem Bauwerk, das bald abgerissen wird", erklärte Volker Dickmann von den Lauffreunden Hadi aus Wesel. "So was macht man ja schließlich auch nicht alle Tage mit. Darum habe ich mich auch direkt angemeldet, als ich davon in der Rheinischen Post gelesen habe."

Ein Heimspiel war der Marathon auch für Andreas Stockhausen. "Wie oft sind wir als Kinder und Jugendliche hier über die alte Rheinbrücke gelaufen oder geradelt — über Jahrzehnte gehörte das einfach dazu", erinnerte sich der gebürtige Weseler ein wenig wehmütig. "Da heißt es jetzt Abschied nehmen — mit einem Lauf. Das gehört sich wohl so."

Christian Hottas hatte für das Event ganz bewusst auf die alte Rheinbrücke gewählt: Als Teil der "Lost-Places"-Marathons führte der Lauf in Wesel so an einen "verlorenen Ort". "Und die Resonanz ist wirklich gut — wenn man bedenkt, dass die Läufer sogar aus Bremen oder Dresden anreisen", sagte der Organisator aus Hamburg.

Die Zuschauer teilten dieses Interesse anscheinend nur bedingt: Wenige fanden den Weg an den Rhein, vereinzelt blieben ein paar neugierige Radler oder Spaziergänger auf dem Fußgängerweg der neuen Brücke stehen, um das Sportevent ein paar Meter weiter zu betrachten.

Dort kämpften die Läufer mit den Widrigkeiten der Strecke — nahe der Weseler Seite mussten die Läufer umkehren, denn dort ist die alte Brücke bereits vom Festland getrennt. "Und hier gibt es gar keinen Schutz vor Wind", sagte Werner Kamps vom Hamminkelner SV. "Zudem hat der Weg eine Steigung — das darf man nicht verachten."

Nach drei Stunden am Ziel

Doch letztlich bezwang der Langstreckenläufer die Elemente: Nach drei Stunden, drei Minuten und sieben Sekunden kam Kamps als Erster ins Ziel. Und war damit erster und letzter Sieger bei einem Marathon über die alte Rheinbrücke.

(RP)
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