Niederrhein Duisburger Filmwoche: Nachwuchs überzeugt

Niederrhein · Lampedusa ist eine kleine Insel zwischen Italien und Afrika, elf Kilometer lang und im Durchschnitt drei Kilometer breit, bewohnt von 4500 Lampedusani. Die Insel ist einer der am meisten von Migration und Fluch betroffenen Orte der Welt.

 Das Abschluss-Foto der Filmwoche mit Preisträgern und Jury.

Das Abschluss-Foto der Filmwoche mit Preisträgern und Jury.

Foto: reichwein

Der erst 29-jährige Wiener Filmemacher Jakob Brossmann hat "Lampedusa im Winter", so auch der Titel seiner Dokumentation, besucht. Die Jahreszeit hat er gewählt, weil in den kalten Monaten nicht so viele Flüchtlingsboote wie sonst die Insel ansteuern und die Touristen ebenso fernbleiben wie die Medienvertreter. Brossmanns 90-Minuten-Produktion ist ein dokumentarisches Juwel, das von der Leserjury der Rheinischen Post zum beliebtesten Film der Duisburger Filmwoche gekürt wurde. - Nichts ist einfach auf Lampedusa. Wenn eine Fähre abbrennt, dann wird sie nicht einfach ersetzt, vielmehr herrscht wochenlang Notstand, weil Waren, Lebensmittel und Treibstoff fehlen. Was Brossmann und damit den Zuschauern auffällt, ist, dass die Einheimischen den Flüchtlingen nicht mit Fremdenhass oder rassistischen Vorurteilen begegnen. Trotz aller Probleme sehen die vom Festland offenbar unterversorgten Insulaner, so zeigt es der Film sympathisch unaufdringlich, in den Flüchtlingen nicht Invasoren, sondern Menschen, deren Ansprüche und Hoffnungen man allerdings nicht erfüllen kann. "Lampedusa im Winter" wird seinen Weg in ausgewählten Kinos und im Fernsehen machen.

Auffallend war beim diesjährigen Duisburger Festival, das die etablierten Dokumentaristen mit dem Nachwuchs auf Augenhöhe präsent waren. So ging der 3sat-Dokumentarfilmpreis an den seit Jahren erfolgreichen Dokumentarfilmer Nikolaus Geyrhalter für seine Langzeitstudie "Über die Jahre" (RP-Besprechung in der Ausgabe am 6. November). Über den ebenfalls mit 6000 Euro dotierten Arte-Preis kann sich die 30-jährige Kristina Paustian freuen. In "Zaplyv - Die Schwimmer" porträtiert sie Boris Zolotiv, der früher als Physiker gearbeitet hat und nun ein eigenwilliger Guru geworden ist. Zolotiv bietet einer Gruppe von meist weiblichen Menschen mit suspekten Methoden Wegweiser bei der Sinn- und Glückssuche an. Die Arte-Jury hob in ihrer Preisbegründung hervor, dass es die Filmemacherin nicht auf einfache Erklärungen oder Entlarvung anlegt, sondern ihr Thema aus überraschenden Perspektiven angeht. - Der mit 5000 Euro dotierte Förderpreis ging an "Eismädchen". Die erst 28-jährige Lin Sternal erzählt von den Teenager-Schwestern Lisa und Sophie, die es im Eiskunstlauf bis nach oben schaffen wollen. Den Nachwuchspreis bekam Lisa Sperling für "Sag mir Mnemosyne", ihr Abschlussfilm bei der Hochschule für bildende Künste in Hamburg. Einen besseren Start für die Filmkarriere kann es nicht geben!

(pk)
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