Unsere Woche Die günstige Gelegenheit

Wesel · Die letzte Woche vor dem Advent endet nicht mit einem friedvollen Übergang, sie endet mit einem politischen Paukenschlag: Die Koalitionäre SPD und CDU haben sich gemeinsam auf den grünen Kämmerer Paul-Georg Fritz eingeschossen und einen Fahrplan zu seiner Entmachtung festgelegt. Ganz entfernen wollen sie ihn noch nicht, denn das wäre ihnen dann doch zu teuer. Wenn Bürgern weniger Leistungen geboten und höherer Gebühren abgenommen werden sollen, kommen doppelte Personalkosten für Wahlbeamte überhaupt nicht gut an. Auch ließen die Granden Ludger Hovest und Jürgen Linz gestern noch ein kleines Türchen offen. Wenn Fritz sie in den kommenden zweieinhalb Jahren von seinen Qualitäten überzeugen sollte, dann könne er eventuell auch wiedergewählt werden. Aber darauf sollte der Gescholtene nichts geben. Im gleichen Atemzug fiel die Bemerkung, dass man nichts dagegen habe, wenn er vorzeitig eine andere Position für sich findet. Überdies ist die Aussage, die Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag zur Wiederwahl von Fritz sei hinfällig, absolut eindeutig.

Unsere Woche: Die günstige Gelegenheit
Foto: Malz, Ekkehart (ema)

Was aber treibt die beiden Großen an, sich von einem Dezernenten der Kleinen trennen zu wollen. Ist wirklich das Hickhack um das Bislichbad der Auslöser? Hat Fritz in seiner Amtszeit so viele Informationen nicht oder nicht früh genug gegeben, dass das Vertrauensverhältnis als derart gestört gelten muss? Hat es keine Möglichkeit der Deeskalation gegeben? Und keine Versuche zur Wiederannäherung?

Dies alles muss bezweifelt werden. SPD-Chef Ludger Hovest ist bekannt für starke Sprüche, doch in dieser Sache trotzdem auffällig unnachgiebig. Jürgen Linz (CDU) ist in der Regel deutlich konzilianter, gab sich aber gleichfalls pikiert. Hier liegt der Verdacht sehr nahe, dass sich urplötzlich durch Fritz' Schreiben an die Vereine für beide die günstige Gelegenheit bot, die Bereinigung der Dezernentenriege einzustielen, in der Fritz offenbar ein Fremdkörper ist. Grüne Politik passt aktuell weder Hovest noch Linz ins Konzept. Außerdem würde die CDU gern selbst den Kämmerer stellen. Das ist nur mit Hovests SPD zu erreichen. Gegen ihn eine Allianz mit den Grünen und anderen Kleinen zu schmieden, ist bekanntlich nach der Kommunalwahl versiebt worden.

fritz.schubert@rheinische-post.de

(RP)
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