Wesel Der schöne Weg zur Sicherheit

Wesel · Über dem Flugplatz Schwarze Heide drehen Privatpiloten und Lufthansa-Kapitäne ihre Runden in einem kleinen Kunstflugzeug.

 In der Extra 200 sind Jürgen Berndt (l.) oder Detlef Schulz immer als helfende Hände an einem zweiten Steuerknüppel dabei.

In der Extra 200 sind Jürgen Berndt (l.) oder Detlef Schulz immer als helfende Hände an einem zweiten Steuerknüppel dabei.

Foto: Heiko Kempken

"Erst senkrecht nach oben, dann die Flügel am Horizont ausrichten. Nach links gucken, dann auf die Geschwindigkeit, nach rechts, wieder auf die Geschwindigkeit. Irgendwann ist der Punkt da, die Maschine dreht sich und es geht nach unten. Nicht zu früh hochziehen, sonst rappelt es. Schneller werden, die schöne Geschwindigkeit mitnehmen. Und dann hochziehen, die Bauchmuskeln anspannen, hoch!" Daniel Meyer fliegt - in Gedanken. Die Arme ausgebreitet, an sich gezogen, sich streckend oder gebückt erzählt er von der Kunstflugfigur, die ihn gerade besonders gefordert hat, dem "hammerhead turn". Auf dem Flugplatz Schwarze Heide steigen er und vier weitere Privatpiloten mit den Lehrern Detlef Schulz und Jürgen Berndt in dieser Woche auf und in der nächsten kommen Lufthansa-Kapitäne.

Wesel: Der schöne Weg zur Sicherheit
Foto: Heiko Kempken

Zweimal im Jahr bietet die Schule aus Erkelenz das Seminar in Hünxe an. "Warum machen die Leute das?", fragt Fluglehrer Jürgen Berndt, bevor es jemand anders tut. Am Himmel drehen Detlef Schulz und Daniel Meyer gerade mal wieder das Flugzeug um alle Achsen, während Berndt erzählt. "Sie machen es, weil sie emotional inspiriert werden", sagt er. Spaß, ja, genau das. Doch das Seminar soll mehr leisten: "Durch diese Praktiken lernen die Piloten das Flugzeug besser kennen. Es ist ein erheblicher Sicherheitsgewinn." Später, als er wieder auf dem Boden angekommen ist, unterstreicht das auch Fluglehrer Schulz. "Es ist immer gut, wenn man einen Plan B hat. Denn auch ein normales Flugzeug kann in außergewöhnliche Lagen geraten."

Die Extra 200, mit der in Hünxe trainiert wird, ist für Extremsituationen gebaut. Als sich Daniel Meyer damit zum ersten Mal an einer Figur versuchte, "hat mein Magen ungeahnte Gefühle ausgedrückt. Aber wenn man weiß, was kommt, dann stellt sich der Körper darauf ein." Als die Extra zum ersten Mal trudelte, "wusste ich gar nicht, was passiert. Beim zweiten Mal wurde der Tunnelblick dann ein bisschen weiter, ich habe auf die Instrumente geguckt, und beim nächsten Mal konnte ich dann auch nach draußen schauen." So lernen die Teilnehmer über den Kunstflug die Beherrschung einer Maschine in außergewöhnlichen Situationen. Nicht nur Piloten mit wenigen Flugstunden können vom Seminar am Flugplatz Schwarze Heide profitieren. In der nächsten Woche starten Kapitäne des Lufthansa-Konzerns - sie sind Kollegen von Jürgen Berndt. Der hat knapp 17. 000 Flugstunden hinter sich, das sind bald zwei Jahre am Himmel. Die Berufspiloten, die mit großen Verkehrsflugzeugen unterwegs sind, trainieren in Hünxe, wie sie es vermeiden, in außergewöhnliche Lagen zu kommen oder diese dann bewältigen können. "Sie unterweisen dann andere im Simulator und die trainieren dann die Cockpit-Crews", erklärt Berndt. Ein Schneeballsystem für Sicherheit.

Auch die Kapitäne werden die kleine Extra 200 besteigen. Denn viel mehr als auf ihren automatisierten Flügen lernen sie hier das Präzisionsfliegen. "Kunstflug ist kein wildes Herumgehampel am Himmel", sagt Schulz. "Es ist das völlige Beherrschen eines Fluggeräts. Und es ist gut, wenn man in bestimmten Situationen mindestens eine Option mehr hat."

(RP)
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