Hamminkeln Der Mutmacher im Flüchtlingsheim

Hamminkeln · Der Hamminkelner Sultan Masood Dakik hilft Flüchtlingen, die es besonders schwer haben. Er hört zu, öffnet Türen und versucht, Missständen schnell abzuhelfen. Die Asylbewerber danken für so viel persönliche Zuwendung.

 Sultan Masood Dakik (Mitte, mit der fünfjährigen Grace auf dem Arm), Familie Okwilague, Nassiri Rhimadin (rechts) aus Afghanistan und Ilena Ilijevski aus dem Kosovo

Sultan Masood Dakik (Mitte, mit der fünfjährigen Grace auf dem Arm), Familie Okwilague, Nassiri Rhimadin (rechts) aus Afghanistan und Ilena Ilijevski aus dem Kosovo

Foto: thh

Nassiri Rhimadin ist 20 Jahre jung, und er hat schon Schrecknisse erlebt, die für ein ganzes Leben reichen. Vor seinen Augen wurde sein Vater von afghanischen (wahrscheinlich) Taliban hingerichtet, sein Bruder erschossen. Bei Nacht und Nebel schickte ihn seine Familie fort, es folgte eine Flüchtlings-Odyssee über Kontinente. Da war er 16. Nassiri strandete vor zweieinhalb Jahren in Hamminkeln.

Er ist allein unter 90 anderen Flüchtlingen in der Ringenberger Unterkunft Belenhorst. Lärm in der Nacht lässt ihn oft nicht schlafen, und er wacht von Ängsten bedrängt auf, die Tage ohne Perspektive und Aufgabe machen den jungen Mann fertig. Das Trauma, das er in Afghanistan erlebte, hält ihn bis heute in den Krallen. Er ist in Behandlung, eigentlich hätte das viel früher geschehen müssen.

Bashiru und Susan Okwilague mit der kleinen Grace (5) sind erst seit drei Wochen in der Belenhorst. Sie sind die einzigen Schwarzafrikaner im Wohncontainer für Familien. Hier empfinden sie Ausgrenzung, es gibt Streit unter Menschen mit verschiedenen Lebensweisen. Von Mobbing ist die Rede.

Ob Langzeitasylant oder Neuankömmling, ihre Mienen entspannen sich und breites Lächeln huscht über ihre Gesichter, wenn Sultan Masood Dakik kommt. Der Hamminkelner, der für seinen humanitären Einsatz kürzlich mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt wurde, hat sich entschlossen, sich um die Schwachen zu kümmern. Nicht als organisierter Helfer, sondern persönlich und privat.

Er ist ein bisschen Mutmacher, ein wenig Seelsorger und ganz viel Tatmensch. "Wenn Herr Dakik kommt, freue ich mich riesig. Ich habe Vertrauen zu ihm, er ist wie ein Papa für mich", sagt Nassiri. Der gebürtige Afghane Dakik, der dem einstigen Königshaus entstammt, war vor 28 Jahren selbst Flüchtling, ist heute erfolgeicher Unternehmer und hat seine neue Heimat in Deutschland gefunden. Seine Erfahrungen gibt er weiter, will Perspektiven schaffen und lobt dabei das tolerante Deutschland in hohen Tönen. Toleranz ist für ihn ein Kernwert, seinen persönlichen Einsatz macht er unabhängig von Religion und Hautfarbe oder Nationalität. Aber auf seine Art.

Herangeholt hat ihn die Hamminkelner Flüchtlingshilfe nach dem RP-Artikel über die Ordensverleihung. "Wir schätzen seinen Einsatz, er hat guten Zugang zu den Menschen", sagt Günther Crefeld von der Flüchtlingshilfe. Sultan Masood Dakik kann "zuhören, sprechen und tut dann was", sagt Nassiri. Anerkennung als Asylbewerber, damit er berufliche Perspektive bekommt, eine eigene Unterkunft und ärztliche Behandlung - darum geht es. Dakik war schon bei Bürgermeister Holger Schlierf, um um Unterstützung zu bitten. Der will sich einsetzen. Nassiri hat wieder Hoffnung. "Ich möchte eine Wohnung, ich möchte arbeiten, am liebsten als Automechaniker, um für mich selber aufzukommen", sagt der 20-Jährige. Und dann werde er "anderen helfen, so wie Herr Dakik mir geholfen hat".

Das Thema Wohnung hat sich für Familie Okwilague schon glücklich gelöst. In Mehrhoog wird sie untergebracht, das hat die Verwaltung schnell ermöglicht. "Wir waren unglücklich, bis Herr Dakik kam. Er hat direkt geholfen, er war im Rathaus mit uns, er hat Bewegung gebracht. Er geht los und tut was", sagt Familienvater Bashiru. Er hat sich zuletzt besonders Sorgen um seine schwangere Frau gemacht, die hygienischen Verhältnisse im Container waren fragwürdig.

Zurück nach Nigeria kommt für Bashiru nicht in Frage, er will ein gutes Leben für sich und seine Familie erarbeiten. Dazu gehört es, Deutsch zu lernen, was der junge Afghane Nassiri drei Mal in der Woche im Deutschkurs der evangelischen Kirchengemeinde tut. Gut für ihn ist, dass sich Dakik um Einzelschicksale kümmert. Das ist für die Stadt nur begrenzt möglich. Sie ist schon mit der Unterbringung von 200 Flüchtlingen stark herausgefordert - und damit die höchstbelastete Stadt im Kreis Wesel. Gerade sind vier Neuankömmlinge in der Belenhorst angekommen, für nächste Woche sind neun Syrer angekündigt.

(RP)
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