Niederrhein Dehoga kritisiert die Hygiene-Ampel

Niederrhein · Duisburg hat an einem Pilotprojekt teilgenommen, in dem über eine "Hygiene-Ampel" transparent gemacht werden soll, wie es um die Sauberkeit in Gaststätten bestellt ist. NRW-Verbraucherschutzminister Johannes Remmel lobte die Ergebnisse. Der Hotel- und Gaststättenverband sieht das anders.

 Johannes Remmel (links) und Wolfgang Schuldzinski (VZ) werben für die Hygiene-Ampel.

Johannes Remmel (links) und Wolfgang Schuldzinski (VZ) werben für die Hygiene-Ampel.

Foto: VZ

NRW-Verbraucherschutzminister Johannes Remmel hat sich bei einem Besuch im Duisburger Restaurant "Der kleine Prinz" über den Erfolg der "Hygiene-Ampel" informiert und zeigte sich zufrieden. Duisburg hatte genau wie Bielefeld an dem Pilotprojekt teilgenommen. Nach Angaben des Verbraucherschutzministeriums konnten sich seit Projektbeginn 2013 zwischen 60 und 80 Prozent der gastronomischen Betriebe verbessern. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband Dehoga hingegen sieht die "Hygiene-Ampel" kritisch und hat sogar dagegen geklagt.

Minister Remmel will das Transparenzsystem mit einer freiwilligen Übergangsfrist bis 2019 in ganz NRW einführen. Nach der Übergangsphase sollen die Kontrollergebnisse aller Betriebe, die Lebensmittel herstellen und verkaufen, veröffentlicht werden. Insgesamt sind das etwa 150.000 Betriebe in NRW, vom Lebensmittelproduzenten über Metzgereien, Bäckereien über weiterverarbeitende Betriebe bis hin zu Restaurants, Cafés und Imbissbetriebe.

Bei den regelmäßigen amtlichen Kontrollen werden sogenannte Risikopunkte vergeben. Je mehr Verstöße gefunden werden, desto mehr Risikopunkte erhält der Betrieb. Das Transparenzsystem in Form der Ampel-Farben erkläre sich selbst, sagt der Minister, und könne ohne große Zusatzkosten oder Aufwand eingeführt werden, denn die Ergebnisse lägen durch die amtliche Lebensmittelüberwachung in jeder Kommune bereits vor. "Wir schaffen mit einem minimalen Zusatzaufwand ein Maximum an Transparenz", sagt Remmel.

Das Pilotprojekt habe gezeigt, dass es durch die Veröffentlichung der Kontrollergebnisse in Form der Ampel-Farben nur Gewinner gibt: Verbraucher erhalten mehr Durchblick durch Einblick und können Konsumentscheidungen auf Augenhöhe treffen", sagt der Minister. Für gut und sauber arbeitende Betriebe sei das neue Transparenzsystem ein Wettbewerbsvorteil, weil eine gute Bewertung als Qualitätssiegel genutzt werden könne. Für Mitarbeiter der Betriebe werde ein gutes Arbeitsumfeld erreicht, wenn die Beanstandungsquote reduziert werde. "Und wir erhöhen gleichzeitig den Druck auf die schwarzen Schafe, die ganze Branchen in Verruf bringen."

Marc Weber, Vorsitzender des Dehoga in Duisburg und Geschäftsführer des Restaurants Webster, ist anderer Meinung. Er hält die "Hygiene-Ampel" für reinen Stimmenfang vor den kommenden Landtagswahlen. "Der Teufel steckt im Detail", sagt er. 99 Prozent der Gäste gingen davon aus, dass der hygienische Zustand erfasst und im Internet dargestellt werde. Dabei werde nicht nur die Hygiene geprüft, sondern Aspekte, die für den Gast nicht relevant seien. "Zwei Drittel der getesteten Punkte sind Dokumentationssachen. Sind die Formulare richtig und vollständig abgeheftet, gibt es Schulungen, so etwas." Die reine Hygiene mache nur einen kleinen Teil aus. "Es wird eine Transparenz versprochen, die so gar nicht ankommt", bemängelt Weber. Viel mehr noch, die Beurteilung könne extrem geschäftsschädigend sein. "Beim Thema Schädlingsbekämpfung beispielsweise sind minus drei Punkte sehr schlecht. Wir haben minus zwei bekommen, nicht aber, weil es bei uns Schädlinge gibt, sondern weil ein Plan gefehlt hat, auf dem eingezeichnet ist, wo sich im Restaurant die Köder befinden." Das könnten die Kunden aber nicht wissen. "Die gehen doch direkt davon aus, dass es hier Schädlinge gibt und bleiben weg", sagt Weber. Das System sei irreführend, weil es nicht genau anzeige, was im Detail bemängelt wurde. Weber befürworte Kontrollen, aber nicht in Verbindung mit diesem System. Daher hat er, genau wie einige andere Unternehmen, mit Unterstützung des Dehoga gegen die Veröffentlichung der Ergebnisse geklagt - und zunächst recht bekommen. Doch das Urteil ist nicht rechtskräftig, es muss nun in zweiter Instanz vom Oberlandesgericht in Münster geprüft werden. Gleichzeitig sollen die Ergebnisse des Pilotprojektes nun die rechtliche Grundlage für eine Ausweitung auf das ganze Land schaffen.

Ralf Krumpholz, Dezernent für Umwelt- und Verbraucherschutz, versteht die Einwände des Dehoga, dass man aus dem Punktesystem nicht genau ablesen kann, wo die Mängel liegen. Grundsätzlich hält der Dezernent das Kontrollbarometer aber für ein gutes Instrument. "Es ist doch eine Möglichkeit, Werbung für sich zu machen, wenn man gut gearbeitet hat."

Weber hingegen ist sich sicher, dass Kunden im Zweifel immer das Restaurant wählen würden, das weniger Minuspunkte hat. "Auch wenn das nicht wirklich etwas über die Hygiene aussagen muss." Er will nun abwarten, wie das Urteil des Oberlandesgericht ausfällt und wie ein Gesetz aussieht, das möglicherweise bald auf den Weg gebracht werden könnte. "Wenn sich nichts verändert hat, werden wir eben wieder klagen."

(RP)
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