Wesel ,Copy-Gate': Wer kopierte den Brief im Rathaus?

Wesel · Ein im Rathaus kopiertes anonymes Schreiben an die Politik sorgt für Wirbel. Der Bauverein soll CDU-Politiker Volker Haubitz begünstigt haben, lautet der Vorwurf. Die CDU weist die Anschuldigungen entschieden zurück.

 Wer verfasste diesen Brief? Sind die Rechtschreibfehler absichtlich eingebaut, um Spuren zu verwischen? Laut Jürgen Linz (CDU) wurde er im Rathaus an einem Kopierer vervielfältigt, der in der Nähe der Fraktionsbüros liegt.

Wer verfasste diesen Brief? Sind die Rechtschreibfehler absichtlich eingebaut, um Spuren zu verwischen? Laut Jürgen Linz (CDU) wurde er im Rathaus an einem Kopierer vervielfältigt, der in der Nähe der Fraktionsbüros liegt.

Foto: sep

Ein anonymer Brief hat mehrere Fraktionen im Weseler Rathaus und unsere Redaktion erreicht. Der Verfasser teilt darin mit, dass der Bauverein dem CDU-Ratsherrn und Bauvereins-Aufsichtsrat Volker Haubitz eine Wohnung vermietet habe, obwohl viele Weseler Bürger noch auf einer Warteliste für eine Wohnung stünden. Die WfW-Fraktion im Rat machte das Schreiben öffentlich, ohne den Namen Volker Haubitz allerdings konkret zu nennen. WfW-Fraktionschef Thomas Moll forderte Stadtchefin Ulrike Westkamp (SPD) auf, den Sachverhalt zu klären. Er wolle wissen, ob bestimmte Personen bei der Wohnungsvergabe begünstigt werden.

Mehrere Fragen stellen sich seit gestern: Begünstigt der Bauverein ihm politisch nahestehende Akteure? Wer ist der Verfasser des Briefes? Wird hier der Versuch unternommen, im Wahlkampf bestimmten Parteien Schaden zuzufügen?

CDU-Mann Haubitz nahm auf Anfrage unserer Redaktion Stellung: "Die Vorwürfe sind völlig haltlos. Ich habe schon vor eineinhalb Jahren eine Wohnung beantragt, auch andere Angebote bekommen, aber abgelehnt. Nun ist mir wieder eine Wohnung angeboten worden, die mir zusagte." Haubitz sagt, er habe auch mit Bauvereins-Chefin Anett Leuchtmann gesprochen. Die habe keine Bedenken.

Leuchtmann wollte sich auf Anfrage mit Verweis auf eine Sitzung am Montag noch nicht äußern. CDU-Fraktionschef Jürgen Linz war unterdessen bemüht, die Vorwürfe zu entkräften. Der Brief sei an mehrere Ratsfraktionen gerichtet gewesen, erklärte er auf Anfrage. Recherchen hätten ergeben, dass der Brief von einem Kopierer im Rathaus vervielfältigt worden sei, der in der Nähe der Fraktionssekretariate läge. Ihm selbst sei das Schreiben am Donnerstag durch SPD-Fraktionschef Ludger Hovest zugesandt worden. Linz nahm Kontakt zu Haubitz, Bürgermeisterin Westkamp und Bauvereinschefin Leuchtmann auf. Ergebnis: Die von Haubitz angemietete Wohnung habe eine Miete von sieben Euro pro Quadratmeter und stünde deshalb nicht im Interesse eines Großteils der Mietinteressenten auf den Wartelisten. Normal wären fünf Euro pro Quadratmeter, sagte Linz. Haubitz habe die Wohnung schon vor längerer Zeit wegen einer privaten Veränderung beantragt.

Thomas Moll griff in seinem gestrigen Schreiben auch Linz wiederholt an. Linz sei der Hauptversammlung des Bauvereins in der vergangenen Woche ferngeblieben, obwohl es als Gesellschaftervertreter seine politische Pflicht wäre, wegen des Aktionärsstreits dort Präsenz zu zeigen. Sein Urlaub sei ihm offensichtlich wichtiger, kritisierte Moll. Wichtiger scheine ihm auch das Neusser Schützenfest zu sein, an dem er einen Tag später teilgenommen habe. Linz betonte gestern: "Als mir der Termin der Sitzung Ende Juni bekannt wurde, hatte ich meinen Jahresurlaub schon gebucht. Statt meiner war mein SPD-Stellvertreter bei der Sitzung."

Thomas Moll will auch wissen, warum Linz "die unrechtmäßig erhaltenen Sitzungsgelder für die Teilnahme an den Aufsichtsratssitzungen" nur für 2016 zurückgezahlt habe und nicht für den gesamten Zeitraum. Erklärung von Linz: Bis es ein Urteil in der langjährigen Streitfrage um die Aufsichtsratsgelder gebe, werde er nicht mehr eingeladen, könne deshalb auch kein Sitzungsgeld nehmen.

(RP)
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