Kommentar Wie Geht's, Schermbeck? Chance vertan, Herr Landrat!

Wesel · Im Streit um die Existenz der Polizeiwache in Schermbeck ist dem Landrat Ansgar Müller seine eigene Macht im Kreishaus ganz offenbar wichtiger als eine deutliche Botschaft an die Kriminellen in diesem Land. Faktisch gibt es in Schermbeck ein Sicherheitsproblem, wenn die Einbruchszahlen gegen den Trend steigen. Der Landrat aber lässt lieber einen CDU-Bürgermeister Pressemitteilungen schreiben, als aus den nackten Zahlen zu lernen.

Es gibt Sätze, die sind inhaltlich richtig und dennoch irgendwie falsch. Fragen Sie mal den Landrat des Kreises Wesel, Ansgar Müller. Der hatte kürzlich klargestellt, dass es in Schermbeck keine eigene Polizeiwache gebe, sondern dass die Polizeidienststelle im Schermbecker Rathausaltgebäude lediglich als eine Bezirksdienststelle zur Erledigung von Bürotätigkeiten diene. Formal mag dies richtig sein: Der Landrat hätte sich aber der Wirkung seiner Worte bewusst sein müssen. Mit Blick auf die jüngst vom Landrat präsentierten Zahlen zur Kriminalitätsentwicklung im Kreis Wesel muss er sogar darüber nachdenken, ob Schermbeck nicht etwas mehr Polizei verdient. Gegen den Trend in den meisten anderen Städten des Kreises sind in Schermbeck nämlich im vergangenen Jahr die Einbruchszahlen gestiegen. 35 waren es im Jahr 2016, 40 im Jahr 2017 - in Wesel, Hamminkeln und Hünxe hingegen sind die Einbruchszahlen im Vergleichszeitraum deutlich gesunken.

Entsprechend verärgert hat Schermbecks Bürgermeister Mike Rexforth (CDU) auf die Einlassung von Ansgar Müller (SPD) reagiert. Er sei erzürnt, sagte Rexforth. Denn durchaus darf man die Worte des Landrats ja so verstehen, dass Schermbeck auf der Prioritätenliste des Kreishauses weniger weit oben steht als andere Städte. Diese Botschaft ist angesichts steigender Einbruchszahlen fatal.

Wie reagiert der Landrat auf die Kritik von Rexforth? Er wäre gut beraten gewesen, die Kritik aus der kleinen Gemeinde ernst zu nehmen und Maßnahmen gegen die steigenden Einbruchszahlen anzukündigen. Stattdessen aber traf sich Ansgar Müller mit Mike Rexforth, wonach sich der Schermbecker Bürgermeister genötigt sah, mit einer Pressemitteilung demütig nachzugeben. Rexforth muss dort einräumen, dass es sich bei der Polizeidienststelle Schermbeck an der Weseler Straße tatsächlich um keine Wache im Sinne der Polizeiorganisation handele, sondern nur um eine Bezirksdienststelle. Anders als in der Vergangenheit versehe dort auch derzeit kein Kriminalbeamter Dienst, muss Rexforth einräumen. Im Verlauf seiner Pressemitteilung erklärt er ferner die Funktionen des Bezirksdienstes und erläutert, dass ergänzend zu diesen Schutzleuten der polizeiliche Wach- und Wechseldienst zentral durch die Polizeiwache Hünxe/Schermbeck und ergänzend durch die Polizeiwache Dinslaken sichergestellt werden. Diese Pressemitteilung klingt wie eine Strafarbeit.

Der Landrat mag durch dieses Schreiben zufriedengestellt sein. Er hat die Machtprobe, die ja immer auch ein Kampf zwischen Politikern ist, gewonnen. Der CDU-Bürgermeister ist zu Kreuze gekrochen. Ansgar Müller muss sich aber fragen, ob er nicht anders hätte reagieren sollen. Die Botschaft, die von dieser Pressemitteilung an die Einbrecher ausgeht, ist doch: In Schermbeck gibt es keinen Kriminalbeamten. Faktisch ist Strafverfolgung hier also nicht so schnell wie in anderen Städten möglich. Einbruchsschutz hat immer auch mit Psychologie zu tun. Man muss Einbrechern auf vielerlei Art das Signal aussenden, dass es an genau dieser Stelle schwieriger ist, einen Einbruch zu begehen als anderswo. Mit intensiver Beleuchtung, Alarmanlagen, gesicherten Türen - und natürlich auch mit ausreichend Polizeipersonal vor Ort. Allein aus dieser Perspektive war die Machtprobe des Landrats daneben.

Eine andere Botschaft ist aber noch viel fataler: Der Landrat stellt hier seine eigene Person über die Sicherheit der Bürger. Ihm war die Botschaft, dass er der Herr im Kreishaus ist, wichtiger als die Botschaft, die er an die Einbrecher hätte aussenden können, indem er gesagt hätte, dass die Polizei aus den Einbruchszahlen lernen will und künftig Schermbeck intensiver bestreift. Chance vertan!

Ihre Meinung? Schreiben Sie mir: sebastia.peters@rheinische-post.de.

(RP)
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