Hamminkeln Bürger kritisieren Steuererhöhungen

Hamminkeln · Grund- und Gewerbesteuer waren große Themen bei parallel stattfindenden Erklärstunden der CDU. Diskutiert wurde in Brünen, Dingden, Hamminkeln und Mehrhoog. Fazit: Lob für Bürgernähe, aber Kritik an Mehrbelastungen.

 Gelobt wurde die CDU für ihre "Mitmach-Demokratie", kritisiert für die Erhöhung von Grund- und Gewerbesteuer. Vor allem die Höhe des Aufschlags, rund 55 Prozent, machte die Bürger, darunter Hausbesitzer und Häuslebauer, wütend.

Gelobt wurde die CDU für ihre "Mitmach-Demokratie", kritisiert für die Erhöhung von Grund- und Gewerbesteuer. Vor allem die Höhe des Aufschlags, rund 55 Prozent, machte die Bürger, darunter Hausbesitzer und Häuslebauer, wütend.

Foto: Remmers

"Das ist gut, ihr stellt euch dem Protest und erklärt eure Position", meinte ein Teilnehmer beim "Bürgerdialog" der CDU in Mehrhoog. Das mehrfache Lob für Mitmach-Demokratie folgte auch in Dingden, Hamminkeln und Brünen, wo sich jeweils CDU-Ratsmitglieder - in Brünen auch Bürgermeister-Kandidatin Roswitha Bannert-Schlabes - den Bürgern beim Aufreger-Thema Nummer eins stellten. Offenbar war der direkte Dialog und der möglichst vor Ort überfällig. Damit war's vorbei mit der Harmonie, denn es hagelte weiter heftige Kritik für die Steuererhöhungen (Grund und Gewerbe), im Rat mit Stimmen von CDU, Grünen und teils der USD verabschiedet, und insbesondere deren Höhe (rund 55 Prozent Aufschlag). Gemessen an der Zahl der Einsprüche (über 1100), den ständigen politischen Breitseiten und breitem bürgerlichen Widerstand hielt sich die Teilnahme aber in Grenzen. Zu wenige Wut-Bürger waren zum Dialog gekommen, auch in Mehrhoog, wo eine Protestliste eingereicht worden war (RP berichtete) und wo diesmal sogar von einer Sammelklage gegen die Stadt die Rede war. Die aber, die da waren, diskutierten jeweils ausgiebig und engagiert. Auch die Spitze der SPD-Leute kam, Fraktionschef Jörg Adam und Bürgermeister-Aspirant Bernd Romanski - er hätte die Grundsteuer auch erhöht, aber nicht so heftig - sowie Wahlkampfleiter Michael Möllenbeck.

Auch in den eigenen Reihen muss die CDU gegen Unmut ankämpfen. Marlies Arnold, die 22 Jahre im Rat war, hatte ebenfalls (vom Rat abgelehnten) Einspruch gegen die Grundsteuererhöhung eingelegt, weil sie gegen eine Mehrbelastung der Rentner ist. Nun lobte sie in Mehrhoog ihre Parteikollegen für ihre Vorwärtsstrategie, an die Bürger heranzugehen und die Finanzen so zu ordnen, dass Politik und Stadt ihre Handlungsfreiheit behalten.

Thematischer Kernpunkt, der sich als Debattenmuster in allen vier Veranstaltungen wiederholte: Dort die Politik, die das Dickicht städtischer Haushaltspolitik darzustellen versuchte, um damit die Notwendigkeit von lokalen Steuererhöhungen zu erklären. Damit man nicht wie so viele andere NRW-Kommunen ins sogenannte Haushaltssicherungskonzept (HSLK) gerät, bei dem Oberbehörden Hamminkeln sagen würden, was finanziell nötig ist. "Ein HSK hätte nicht nur Steuererhöhungen zur Folge gehabt, sondern die Kürzung und Streichung der freiwilligen städtischen Zuschüsse für Kultur, Sport und Freizeit", erklärte CDU-Fraktionsvorsitzender Dieter Genterzewsky.

Oder das Wirrwarr um die erdrückende Kreisumlage, die erst massiv steigen sollte, dann plötzlich um 115 000 Euro sinkt, was nun Steuersenkungsphantasien blühen lässt, oder die explodierenden Kosten für die Flüchtlingsunterbringung ohne ausreichende Landesfinanzierung.

Dort die Bürger, die keine Mehrbelastung wollen und vorausschauende Finanzpolitik, mehr Sparwillen und das Zusammenstehen der Politik in schwieriger Zeit einforderten. Konkrete Vorschläge, die nicht erneuten Zündstoff gebracht hätten, blieben Mangelware. In Dingden wollte ein Teilnehmer Förderungen von Vereinen und Sport kürzen, weil vereinslose Grundbesitzer wie er diese nicht finanzieren sollten. Sparpotenzial bei Straßenreinigung, Grünflächen und Müllentsorgung wurde eingefordert, doch das - schwer rüberzubringen - ist eine Frage des Gebührenhaushalts, nicht der Steuern. In Brünen wurden Ausgaben für "Prestigeprojekte" kritisiert. Genannt wurde beispielsweise der neue Kreisverkehr in Dingden in Richtung Bocholt. Tenor der Meinungsäußerung: Man kann doch nur das Geld ausgeben, das man hat. Oder der Verkauf von Liegenschaften, um Einnahmen zu erzielen - Stichwort: alter Sportplatz Brüner Straße. Massive Kritik gab es auch an der mangelnden Information von Verwaltung und Politik.

Ob die CDU nun aus der Ecke der Steuererhöher herauskommt, ist fraglich. Immerhin hat sie dargestellt, wie sehr sie in der Finanzfrage mit sich gerungen hat, und den (ausbaufähigen) Faden zum Bürgerdialog aufgenommen. Die Mehrbelastung wird im Bürgermeister-Wahlkampf Dauerbrenner bleiben. Der geht unverdrossen weiter. Nach der CDU-Stippvisite eilte Romanski zur steuerkritischen FDP, um sich dort Unterstützung als SPD-Kandidat abzuholen.

(RP)
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