Schermbeck Besuch in der Ton-Ausstellung

Schermbeck · Am Wochenende eröffnete im Heimatmuseum eine neue Ausstellung - gezeigt wird auch Firmengeschichte.

 Im Jahre 1908 wurde das geschlossene Dachziegelwerk Idunahall AG als Gewerkschaft gegründet.

Im Jahre 1908 wurde das geschlossene Dachziegelwerk Idunahall AG als Gewerkschaft gegründet.

Foto: Scheffler

"Schermbeck bekannt durch Dachziegel", verrät eine mit Blumen geschmückte Lore an der Kreuzung der Massenstraße mit der Alten Poststraße. Eine alte Industriebrache gegenüber erinnert daran, dass hier schon vor mehr als 100 Jahren eine Firma Dachziegel herstellte. 2005 wurden die ehemaligen Dachziegelwerke Idunahall endgültig geschlossen. In der Ausstellung "Vom Tonabbau zum Naturschutzgebiet", die am Wochenende im Schermbecker Heimatmuseum an der Steintorstraße eröffnet wurde, lebt die Firma weiter. Mit zahlreichen anderen Dokumenten wird an die Gewinnung und Verarbeitung von Tonvorkommen sowie an die heutige Nutzung der ehemaligen Anlagen zur Tongewinnung im Schermbecker Gemeindegebiet erinnert.

In seiner Begrüßungsansprache hob der Heimat- und Geschichtsvereinsvorsitzende Rolf Blankenagel die Bedeutung Schermbecks für die Dachziegelherstellung aus Ton hervor. "Die Ausstellung möge dazu anregen, die wunderbare Vielfalt der im Schermbecker Raum entstandenen renaturierten Tongruben selbst zu erkunden", empfahl Blankenagel.

Beagle Natty gilt als heimlicher Motor der jetzigen Ausstellung. Mit ihm unternimmt Günter Gaetschmann, der Initiator der Schau, seit Jahren ausgedehnte Spaziergänge durch die heimische Landschaft. "Ich bin begeistert, wie schön Schermbeck ist", fasste Gaetzschmann seine Eindrücke zusammen, von denen er unzählige Fotos mitgebracht hat. "Die schönsten Gebiete sind die alten Ton-Abbaugebiete, besonders die im Lichtenhagen", begründet er die Auswahl seiner Bilder aus dem großen Bestand. Von der Schönheit der gegenwärtigen Landschaftsbilder beeindruckt, machte sich Gaetzschmann seit einem Jahr daran, die Ursachen für die Entstehung der renaturierten Landschaftskuhlen zu erforschen und für eine Ausstellung aufzubereiten. Eine eindrucksvolle Fleißarbeit ist entstanden, eine akribische Zusammenstellung von Fotos, Dokumenten und Zeichnungen, die das breite Spektrum der Tongewinnung und -verarbeitung belegen.

Auf 14 großformatigen Tafeln im Obergeschoss wird der Themenkomplex anschaulich dokumentiert. Beim Rundgang erfährt der Besucher die geologischen Voraussetzungen für den Qualitätston, der dazu geführt hat, dass nach der Entwicklung der mechanischen Öfen ein mächtiger Sprung in der Weiterverarbeitung des Tons erfolgte. Der erste Antrag auf Genehmigung einer mechanischen Ziegelei in Schermbeck wurde von Wilhelm Schoel und E. Fischer am 31. März 1858 gestellt und bezog sich auf das jetzige Gelände der Firma Nelskamp am Waldweg. 1908 wurde das Dachziegelwerk Idunahall AG als Gewerkschaft gegründet. Anhand mehrerer Karten und Pläne wird der Verlauf der Kleinspurbahnen gezeigt, auf denen der Ton zu den Ziegelwerken gebracht wurde. Hiesiger Ton wurde auch beim Bau des Lippe-Seiten-Kanals im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts verwendet.

Einen guten Eindruck von den Firmengeländen und von der Art der Tongewinnung gewinnt man beim Betrachten von Exponaten auf einigen Schautafeln. In der Nähe einer Tonabgrabung entstand in der ehemals selbstständigen Gemeinde Overbeck an der Ecke Overbecker Straße/Westricher Straße die so genannte Nelskamp-Siedlung, die noch heute existiert und aus deren Anfängen ein Foto in der Ausstellung stammt. Ein Luftbild aus der Zeit um 1975 zeigt das damals noch im Betrieb befindliche Werk Idunahall. In Gahlen wird auch heute noch Ton abgebaut. Aber nicht mehr für die Ziegelindustrie, sondern für Deponie- und Kanalabdichtungen.

Auf mehreren Tafeln werden Details des Naturschutzgebietes Lichtenhagen gezeigt. Dort hat die Firma Nelskamp noch bis in die 1970er-Jahre hinein Ton abgebaut. Nach dem Ende der Tongewinnung konnte sich über Jahrzehnte dieser Raum naturnah entwickeln. Auf dem wasserundurchlässigen und verdichtetem Grund der Tongruben sammelte sich das Wasser. Und binnen weniger Jahre wuchsen an den Wasserflächen Weiden, Binsen, Rohrkolben und weitere Pflanzenarten. Die Ausstellung zeigt in eindrucksvoller Weise, wie inzwischen ein wertvoller Biotoptypenkomplex von seltener Vollständigkeit entstanden ist. Inzwischen ist im Lichtenhagen ein landesweit herausragender Reptilien- und Amphibienlebensraum entstanden.

Die Ausstellung kann mindestens bis zum Jahresende kostenlos im Heimatmuseum, Steintorstraße 17, besichtigt werden. Sonntags ist das Museum zwischen 10 und 13 Uhr geöffnet. Für Gruppen sind Sonderführungen möglich, für die man Termine mit Günter Gaetzschmann (Tel. 02853 5106) verabreden kann.www.heimatverein-schermbeck.de

(RP)
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